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Arnulf Rainer

Farbenrausch
Anlässlich seines 90. Geburtstages

Galerie Ulysses
 09.11.2019 - 29.02.2020

 
Ausstellungseröffnung: Freitag, 8. November 2019 um 19.00 Uhr
Es spricht: Prof. Peter Iden
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Text von Franz W. Kaiser

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Arnulf Rainer, © Javier Gutierrez

Arnulf Rainer, dieser große österreichische Übermalungs- und Überraschungskünstler, feiert 90. Geburtstag, die Galerie Ulysses ihr 45-jähriges Bestehen - und Galerie und Künstler ihre vierzigjährige  Verbundenheit.
Seit 1979 hat Arnulf Rainer dreißig Mal am Opernring 21 ausgestellt; seinen Geburtstag am 8. Dezember würdigt die Galerie mit zwei sehr unterschiedlichen Werkzyklen und entspricht damit auch einem Credo des Künstlers, der von sich sagt: „Ich war immer bestrebt, nicht kontinuierlich ein Werk aufzubauen. Ich wollte immer Sprünge machen. Und dann gibt es in meinem Alter die Bilanzierung: Was ist das Gemeinsame?“ Das offensichtlich Gemeinsame ist jedenfalls, dass Rainer, der übrigens 1989 als bisher einziger österreichischer Künstler mit einer Personale im New Yorker Guggenheim Museum  präsentiert wurde, in seinem 70 Jahre währenden Schaffensprozess niemals eine gerade Linie gezogen hat, weder mit dem Pinsel, noch, als er Öl und Leimfarben direkt mit seinen Händen und Fingern auf die Bildfläche auftrug. 
Im Erdgeschoß bezeugen Rainers Neue Hand- und Fingermalereien aus den 1990er Jahren seine früheren Nahkämpfe, als der malerische Serientäter, der immer mehrere Bilder gleichzeitig in Arbeit hatte, die Leinwand mit beiden Händen und auch Füßen traktierte, hinklatschte, draufhaute, drüberstreichelte. Dreißig Farbtöpfe standen an Rainers Maltagen in seinen Ateliers parat, "und wenn ich den Drang nach einer bestimmten Farbe verspüre, gehe ich zum Kübel und schau, ob sie mich wirklich noch immer nervös macht oder erregt. Wenn sie mir langweilig ist, dann suche ich mir eine andere Farbe."

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Arnulf Rainer, Foto © Roland Krauss

Im ersten Stock sind  herzerfrischend kraftvolle und farbinnige Arbeiten seines letzten Schaffenszyklus aus 2015/16 zu sehen, eine kleine Auswahl aus dem umfangreichen Konvolut: Metamorphosen, die der nimmermüde Maler in seinen Ateliers in Ober-österreich und auf Teneriffa geschaffen hat, meist in seinem zuletzt bevorzugten Format, 42 mal 30 Zentimeter, weil er dessen Umfang besser überblicken könne und ihm die Nähe zu der zu bemalenden Fläche besonders wichtig sei. Statt direkt mit Fingern und Händen trug er mit dem Pinsel wasserlösliche Acrylfarbe  in extrem dünnen Schichten auf dickes Bütten auf, furiose Hiebe, nervöse Striche, heitere Schlenker, hauchdünne Schleier, blickdichte Farbvorhänge und -netze, Spalten, Fugen, kühltonig die einen, warmfarbig die anderen. Rainer ist in seinem hier präsentierten Alterswerk seinem grundsätzlichsten Vokabular und seinem Farbspektrum treu geblieben, wenngleich es luftiger geworden ist, heller, leichter, auch poetischer, und erstaunlich jugendfrisch.
An konzentrierten Maltagen, ob auf Teneriffa oder in Enzenkirchen, ging Rainer nicht ans Telefon, aß den ganzen Tag nichts, trank höchstens Tee, denn "man muss einen leeren Magen haben, sonst geht das Hirn nicht", Malen sei eine Frage der Konzentration, "ich muss mich beim Malen konzentrieren wie der Schauspieler auf der Bühne." Je älter er werde, sagte er, umso mehr und umso intensiver arbeite er, mehr noch als früher.
Nach diesem Zyklus hat Arnulf Rainer übrigens mit dem Malen aufgehört. Zumindest vorläufig. 

Andrea Schurian

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Arnulf Rainer, © Roland Krauss