Seit über zwanzig Jahren malt Florentina Pakosta geometrisch abstrakte Gemälde, die sie „Trikolore Bilder“ nennt. Sie zeigt dabei eine unverwechselbare Eigenständigkeit und künstlerische Intensität. Die geometrisch-abstrakte Bildsprache als die große Errungenschaft in der Kunst des 20. Jahrhunderts ist heute aktueller denn je. Ihr Einfluss auf die Kunst der Gegenwart ist mit der Erfindung der Zentralperspektive in der Renaissance vergleichbar.
1989 malte Florentina Pakosta ihr erstes Trikolores Bild. Die fruchtbare Schaffensperiode mit weit über 100, meist großformatigen Werken dauert an bis heuer, ihrem 80. Lebensjahr. Die präzise Komposition dieser Arbeiten nach numerischen Gesichtspunkten, ihr serieller Charakter, die Konzentration auf drei Farben in einem intensiven, energiegeladenen und oft dissonanten Verhältnis zueinander, das reduzierte Formenvokabular einer aggressiven Semantik erinnern an die aktuelle Visualität der sinnentleerten Symbole, Zeichen und Vektoren, die sich in der Medienlandschaft des 21. Jahrhunderts vermehren. Die Wende im Jahr 1989 zur Abstraktion der Trikoloren Bilder im Werk von Florentina Pakosta ist das Ergebnis einer organischen Entwicklung. Wie kaum ein anderer Künstler oder Künstlerin in Österreich reagierte sie damit, wie sie selbst erzählt, auf die politischen Ereignisse des Falls der Berliner Mauer und des darauf folgenden Zusammenbruchs des Ostblocks. Die Veränderung der politischen Welt durch den Wandel der Machtblöcke und die wirtschaftliche Entwicklung der ungebremsten Globalisierung, welche die Warenzirkulation ebenso wie internationale Terrornetzwerke frei setzte, inspirierte Florentina Pakosta zur singulären Revision der revolutionären Bildsprache des russischen Konstruktivismus. Auf der Basis des Konstruktivismus, Minimal Art und Op Art reflektieren die geometrischen Formationen der Serie der Durchblicke, Gitter und Zäune innerhalb der Trikoloren Bilder die Vernetzung der Mediengesellschaft des World Wide Web, die ebenfalls Ende der 80er Jahre und in den 90er Jahren virulent wird. Florentina Pakostas Balkenbilder symbolisieren Machtstrukturen in den Dimensionen von Zeit und Raum. Bereits die Mikrostrukturen der Kreuzschraffur im Zyklus der großformatigen Serie von Zeichnungen „Gesichtsbildungen“ und „Zeitgenossen“ der 70er Jahre, ein Meilenstein der feministischen Kunst in Österreich, spielt in ihrer objektivierenden formalen Qualität als Kommentar zur Mediengesellschaft eine fundamentale Rolle. Die von Hand gezeichneten, kreuz und quer geführten Linien erscheinen als Vorwegnahme der Balkenstruktur der Trikoloren Bilder. Die Serie der aggressiven Bewegungsabläufe, in kleinen linearen Skizzen vorbereitet, können interpretiert werden als monumentalisierte Analysen der aktionistischen Geste. Auf ähnliche Weise führte Roy Lichtensteins in seinen „Brush Stroke Paintings“ die Authentizität des Action Paintings ad absurdum. Die Trikoloren Bilder sind Ausdruck der Ambivalenz zwischen der Utopie der scheinbar grenzenlosen Freiheit und der Dystopie der Reminiszenzen totalitärer Symbolik und der Kindheitserfahrung des Zweiten Weltkriegs. Diese Ambivalenz wird auch in der Farbgebung, in profunden formalen Antagonismen spürbar. So fasziniert Florentina Pakostas Malerei durch die ungebrochene Kraft ihrer künstlerischen Intention.
|