Akosua Odeibea Amoah-Yeboah, Kelvin Haizel, Gideon Hanyame, Ibrahim Mahama, Afrane Makof, Daniel Arnan Quarshie, Tracy Naa Koshie Thompson
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Daniel Arnan Quarshie, Cradle to the Grave, 2024, Charcoal on Canvas, 360 x 240 cm. Courtesy of the artist and Galerie Hubert Winter, Vienna. (Photo by the artist)
THE ALLEGORY OF DECOY — Kunst als Lockvogel für sozialen und politischen Wandel
Der Zeitabschnitt, der verschiedene Kunstpraktiken und Diskurse innerhalb der Abteilung für Malerei und Bildhauerei an der KNUST (Kwame Nkrumah University of Science and Technology) geprägt hat, hatte einen tiefgreifenden und weitreichenden Einfluss auf Künstler*innen in Ghana und darüber hinaus. Dieser Einfluss lässt sich auf die stille Revolution zurückführen, die durch das Projekt des emanzipatorischen Kunstunterrichts von Kąrî'kḁchä seid'ou ausgelöst wurde und die bereits in den 2000er Jahren an Dynamik gewann. Bei dieser Revolution ging es nicht nur um die Umgestaltung künstlerischer Techniken, sondern sie war eng mit umfassenderen Theorien politischer Bewegungen verwoben, die teilweise an das revolutionäre Ethos von Kwame Nkrumah anknüpften. In Kwesi Ohene Ayehs „Notes on Contemporary Ghanaian Art: Histories and Emergences“ zeichnet er kritisch die Geschichte des kolonialen akademischen Lehrplans von der Zeit vor der Unabhängigkeit bis heute nach.
Akosua Odeibea Amoah-Yeboah, Konvershin, 2023, Video, Sound, Site specific installation. Courtesy of the artist and Galerie Hubert Winter, Vienna. (Photo by the artist)
Nkrumahs Vision der Dekolonisierung ging über die politische Unabhängigkeit hinaus und betonte die Bedeutung der kulturellen und geistigen Emanzipation. In dieser Ausstellung manifestiert sich der Kontext der zeitgenössischen ghanaischen Kunst als eine Art „Lockvogel“, bei dem die Kunst als strategisches Instrument dient, um festgefahrene Machtsysteme herauszufordern und zu stören. Die Auswüchse der globalen Kunstwelt – die oft durch ihre kommerziellen und institutionellen Verstrickungen gekennzeichnet sind – werden durch Praktiken konfrontiert, die dem Experimentieren und der Subversion Vorrang einräumen und das Potenzial der Kunst als Mittel für soziale und politische Veränderungen offenbaren.
Gideon Hanyame, Elisha has become Elijah's Successor via his claok, 2023, Yarns (dyed and undyed) of water filters, Flour sack, 230cm x 210cm. Courtesy of the artist and Galerie Hubert Winter, Vienna. (Photo by the artist)
Mit dem Begriff „Lockvogel“ wird in diesem Zusammenhang die Frage gestellt, ob Kunst die Macht hat, die „Aufteilung des Sinnlichen“ zu stören – die Art und Weise, in der soziale und politische Realitäten wahrgenommen und verstanden werden. Indem sie Praktiken anwenden, die traditionellen künstlerischen Normen zu entsprechen scheinen, diese jedoch subtil unterlaufen, können Künstler*innen die Kunst als Lockvogel nutzen, um dominante Ideologien in Frage zu stellen und alternative Erzählungen anzubieten. Dieser Ansatz spiegelt sich in der Arbeit von blaxTARLINES wider, die durch ihre radikalen pädagogischen Praktiken versuchen, historische Narrative zu dekonstruieren und sie auf eine Weise zu rekonstruieren, die sich mit den heutigen soziopolitischen Realitäten auseinandersetzt.
Auch die Arbeiten von Theoretikern wie Homi Bhabha, der das Konzept der Hybridität erforscht, bieten Einblicke, wie Kunst als Ort des Widerstands und der Verhandlung dienen kann. Indem sie sich die Hybridität zu eigen machen, können Künstler*innen Werke schaffen, die die binären Gegensätze von Kolonisator und Kolonisierten, Zentrum und Peripherie in Frage stellen und stattdessen ein nuancierteres und komplexeres Verständnis von Identität und Macht präsentieren. Diese Hybridität kann selbst als Köder fungieren, der Betrachter*innen in vertraute Tropen lockt, um sie dann auf eine Art und Weise zu stören und umzugestalten, die eine kritische Reflexion hervorruft und zu Veränderungen anregt.
Kelvin Haizel, The Smell of Earth when Grey Winds Blow, 2024, Acrylic and edible clay on canvas, 153.5x122.5 cm. Courtesy of the artist and Galerie Hubert Winter, Vienna. (Photo by the artist)
Das Konzept, von Leere auszugehen, ein zentrales Prinzip von blaxTARLINES, erinnert an Nkrumahs Vision, eine neue, von kolonialen Zwängen freie Identität zu schaffen. Dieser Ansatz ist nicht auf ein bestimmtes Medium oder Produktionsformat ausgerichtet oder bevorzugt dieses, sondern fördert eine Haltung der Neugier und des Experimentierens. Indem sie sich mit dem Chaos und den Überresten der Geschichte auseinandersetzen, setzen sich die Künstler*innen mit dem kolonialen Erbe auseinander und schaffen gleichzeitig einen offenen Raum für das Entstehen innovativer Formen technologischer, kultureller und politischer Ausdrucksformen.
Dieser Rekonstruktionsprozess ist nicht nur ein Mittel, um Zurückzublicken, sondern auch ein strategischer Akt der Ablenkung – ein Köder, der die Aufmerksamkeit auf zukünftige Möglichkeiten der Befreiung lenkt. |