Die Galerie Hubert Winter zeigt von 30. März bis 13. Mai
2000 in der Ausstellung ARTISTES
INDÉPENDENTES Arbeiten von Britta Albegger, Birgit Jürgenssen,
Marcia Hafif und Chantal Michel. Zeitsysteme von vier Künstlerinnen
aus vier Generationen, in den Medien Fotografie, Performance und
Video. Die Spannung zwischen Stilleben am Anfang der Zeitspur, als
Ausschnitt der Vergänglichkeit und Videostills als Ausschnitt
des Vergangenen, schon Aufgezeichneten.
Dies bildet die Brücke zum inszenierten Zeit-Raum im Sinne
eines Performanceschwerpunkts, der im Rahmen der Ausstellung in
der Galerie immer mittwochs 19.00 Uhr stattfinden wird. Kuratiert
von Simon Frearson zeigen Cathrin Bolt, Marlene Haring, Oswald Putzer
u. a. (detailierte Informationen folgen) die Verschiedenheit der
Annäherung an den Begriff der Performance.
Die 1929 in Kalifornien geborene Marcia Hafif zählt seit
den 70iger Jahren zu den wichtigsten VertreterInnen monochromer
Malerei. Fotografie und Videoarbeiten sind von ihr weniger bekannt,
stehen für die Künstlerin aber gleichwertig neben ihrer
Malerei als Ausdrucksmittel auf der grundsätzlichen Suche nach
Wesen und Sein von Kunst.
Birgit Jürgenssen, Jahrgang 1949, thematisiert in einer mehrteiligen
Fotoarbeit den politischen Ist-Zustand.
In poetischen und irritierenden Bildinszenierungen beschreibt die
1966 in der Schweiz geborene Künstlerin Chantal Michel emotionale
Zustände der eindringlichen Art. Mittels Verkleidung, Verkehrung
von physikalischen Gesetzmässigkeiten und durch Einsatz ihres
Körpers lädt sie den Betrachter ein, die Welt mit ihren
Augen zu sehen.
Britta Albegger, geboren 1975, beschreibt in einem Video die Flüchtigkeit
des Moments, die Offensive der Bewegung, die Täuschung von
Wahrgenommenem und Verborgenem.
Das Zusammenspiel von Bewegung und Stillstand bildet die gemeinsame
Sprache der Arbeiten dieser vier Künstlerinnen.
Dies bildet die Brücke zum inszenierten Zeit-Raum im Sinne
eines Performanceschwerpunkts, der im Rahmen der Ausstellung in
der Galerie immer mittwochs 19.00 Uhr stattfinden wird.
Es wird versucht, das Medium Performance in den Kontext von bildender
Kunst zu setzen und die verschiedenen Grenzbereiche und Ressourcen
zwischen Installation, szenischer Darstellung, Projektion und Interaktion
auszuloten. Der Kurator Simon Frearson arbeitet seit vielen Jahren
in diesem Grenzbereich als Tänzer, Choreograph und Künstler.
Für die fünf Abende lud er KünstlerInnen und PerformerInnen
ein, die die Verschiedenheit der Annäherung an den Begriff
der Performance zeigen.
Welches Verbrechen haben die Bewohner von Sodom begangen?
Sie haben die Gastfreundschaft verweigert. Statt Fremde bei sich
aufzunehmen, wollen sie sie mißbrauchen. Gastfreundschaft
aber ist einer der wesentlichsten Faktoren, der die sozialen Bande
aufrechterhält, und er beruht auf Gegenseitigkeit. Nicht umsonst
verwenden manche Sprachen für "Gast" und "Gastgeber"
ein und dasselbe Wort: Jeder kann Gast und Gastgeber sein. Jeder
kann zum Fremden werden. Die Gastfreundschaft ermöglicht es
uns, zu reisen, dem anderen zu begegnen. Durch die Gastfreundschaft
wird derjenige, der getrennt, anders, fremd ist, in eine Gemeinschaft
aufgenommen, integriert, eingefügt. Gastfreundschaft ist der
Akt, der das Individuum an ein Kollektiv bindet. Dieser Akt ist
das genaue Gegenteil von Aussonderung, von Ausschließung.
Der Gerechte schließt ein und integriert, er flickt das soziale
Gewebe. In einer auf den Prinzipien der Gegenseitigkeit gründenden
Gesellschaft von Gerechten arbeitet ein jeder daran, den anderen
einzuschließen. In einer Welt, in der sich alles bewegt, in
der jeder gezwungen ist, sich zu verändern, wird die Gastfreundschaft,
die Moral der Nomaden und Migranten, zur Moral schlechthin. Aber
aus der Tatsache, daß der Gerechte am Gewebe des nomadischen
Kollektivs arbeitet, darf man nicht schließen, daß der
Gerechte um jeden Preis nach Einheit, Uniformität oder Einstimmigkeit
strebt. Ganz im Gegenteil: Lot geht das Risiko ein, in der Minderheit
zu sein, und es ist ein großes Risiko: Er allein verteidigt
die Fremden gegen alle anderen. Er nimmt damit selbst den Platz
des Fremden ein. Er, der am meisten einschließt, wird ausgeschlossen.
Der Gerechte, der die Fremden integriert, der sie Grenzen überschreiten
läßt und selbst Grenzen überschreitet, wird also
seinerseits verjagt. Er ist der Grenzgänger par excellence.
Pierre Lévy, Die Gerechten. Ethik der kollektiven Intelligenz.
In: Pierre Lévy, Die kollektive Intelligenz. Für eine
Anthropologie des Cyberspace. Aus dem Französischen von Ingrid
Fischer-Schreiber.
Mannheim, Bollmann Vlg, 1997.
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Performancemittwoch
5.4. Schachteln
19.00
12.4. Flirt 2
19.00
26.4. Cannibal
19.00
3.5. Sehübung
19.00
10.5. 15 Min
19.00
Kuratiert von Simon Frearson
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