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James Lewis

Before the hyle

GALERIE HUBERT WINTER
 01.07. - 27.08.2016


Vernissage: am Donnerstag, dem 30. Juni 2016, um 19:00 Uhr

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Image Courtesy of: Philipp Forstner for Freunde von Freunden, 2016

“Der Wahnsinn ist auf zwei Ebenen in die Geschichte des Cogito eingeschrieben. Erstens wird das Cogito in der gesamten Geschichte der Subjektivität mit seinem schattenhaften Gegenstück in Beziehung gesetzt, dem pharmakon, welches der Wahnsinn ist. Zweitens ist der Wahnsinn in die (Vor-)Geschichte des Cogito selbst eingeschrieben, als Teil von dessen transzendentaler Genese.”[1]

Before the hyle, James Lewis erste Einzelausstellung in der Galerie Hubert Winter, widmet sich dem unterdrückten und obskuren Doppel der Subjektivität; sie situiert sich in einem Zustand vor dem logos, vor der Benennung der Dinge, in einem Zustand des Chaos, des Zerfalls.
Lewis Arbeiten verhandelt eine Ur-Sprache, eine Sprache die sich ihrer eigenen Indetermination bewusst ist. Diese unbeständige Semiose spiegelt sich auch in den verwendeten Materialen wider: James Lewis formt ungebrannten Ton zu einem Tisch, der übersät ist mit getöpferten Kaffeetassen, Periskopen und weiteren Objekten, die im weitesten Sinne mit der Gabe des Hellsehens in Verbindung gebracht werden können. Der feinporige Ton, ohne schützende Glasur, wird so seinem eigenen Zerfall überlassen, seiner Rückkehr in einen Urzustand. Diese übereinander gestapelten, teils übernatürlichen Gebrauchsgegenstände formt Lewis frei nach dem Gedächtnis; ihre Materialität und Form gewordene Reminiszenz erinnern an die Erschaffung eines Golems. James Lewis führt dabei das Wort “Golem” zu seiner ursprünglichen Bedeutung zurück: eine amorphe, unbelebte Materie, geformt aus Stein und Ton, bevor ihr ein Name zugeschrieben wurde, sie beschreibt ein Dasein vor dem Subjekt, als jede Innerlichkeit nur Materie war.

Pleurotus ostreatus, ein Pilz, der diesen ungebrannten Tontisch (The fifth Kingdom, 2016) besiedelt, fungiert als Zerfallskatalysator; während die Fruchtkörper gedeihen und verwelken, braucht das unterirdische, geisterhafte Myzel sämtliche Nährstoffe auf, lässt den Boden unfruchtbar zurück.

Die systemische Ambiguität und das dezentrale neurale Netzwerk dieser Pilze sind Ausgangspunkt für James Lewis Narration. Ähnlich der Pilze, die einen Wirt befallen und sämtliches organisches Material in seine molekularen Bestandteile zersetzen, werden James Lewis Arbeiten von einem ähnlichen Zerfall parasitiert: Seine Installationen erzählen von der langsamen Korrosion von Erinnerungen, Systemen, Logik, von einer viralen Recodierung von Materie und anima. Ausgehend von dem Tontisch, der zum Kern der Ausstellung wird, breitet sich Lewis’ mycelliares Netzwerk aus, es lässt seine Arbeiten zu Stein werden, löscht ihre Bedeutungen aus, führt sie in ihren ursprünglichen namenlosen Zustand zurück, vor jeder Subjektivität.

James Lewis (geboren 1986 in London), lebt und arbeitet in Wien und Paris.

August 2016 End the Agony, Futura: Karlin Studios, Prag
Juni 2016 Opening Stable, Futur2, Wien
März 2016 not really really, Sammlung Frédéric de Goldschmidt, Brüssel