
Wolfgang Hollegha, Foto: John Sailer
WOLFGANG HOLLEGHA, der am 2. Dezember 2023 im Alter von 94 Jahren verstarb, ist einer der bedeutendsten abstrakten Maler Österreichs. Von 1947 bis 1954 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien in der Meisterklasse von Josef Dobrovsky, Aktzeichnen bei Herbert Boeckl. Von 1972 bis 1997 hatte Wolfgang Hollegha selbst eine Meisterklasse an der Akademie der bildenden Künste geleitet.
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Foto: Nikola Milatovic
"Die Inspiration des Malers ist es, die Natur zu verwandeln. Das ist vielleicht der große Unterschied zur Mystik. Aber in beidem, der Malerei und der Mystik, zeigt sich etwas, was nicht wissenschaftlich-rational ist. Cezanne sagte: "Die Natur ist innen." Mit Natur meinte er natürlich das Sichtbare. In seiner Arbeit sind sein Innen und die Natur eine Einheit."

Foto: Nikola Milatovic
In dem Aufsatz "Das Auge und der Geist" schreibt Maurice Merleau-Ponty, ein Freund Sartres. etwas für mich sehr Wichtiges: "Der Maler bringt seinen Körper ein. In der Tat kann man sich nicht vorstellen, wie ein reiner Geist malen sollte. Indem der Maler der Welt seinen Körper leiht, verwandelt er die Welt in Malerei."
"Der persönliche Aspekt ist notwendig, damit etwas entsteht! Dass der Künstler das Sichtbare nicht zerstört, sondern verändert. Es gibt den Ausspruch von Paul Klee, dass die Kunst das Sichtbare nicht wiedergibt, sondern sichtbar macht. Das unterscheidet Kunst von Fotografie: Fotografie gibt das Sichtbare wieder. Das ist aber kein künstlerischer, sondern ein mechanischer Vorgang. Paul Feyerabend hat darüber gesagt: "Die physische Hilfe der camera obscura und der camera lucida hatte den Menschen so nahe an die exakte Darstellung der Natur gebracht und an die Befriedigung des weit verbreiteten Wunsches nach Wirklichkeit, dass sie das Eindringen des Bleistifts nicht mehr zulassen konnten. Nur der Stift der Natur genügte ihren Ansprüchen. Diese Idee brannte in vielen Gehirnen. Das Rennen nach der Entdeckung hatte begonnen und das Licht selbst sollte das Bild in der Kamera fixieren, ohne das Dazwischenkommen der Hand." Das ist exakt das Gegenteil dessen, was Merleau-Ponty sagt. Und dessen, was ich mache. Für mich heißt, ein Ding zu verstehen, es zu erfassen, tatsächlich haptisch zu erfassen. Und ich habe es dann erfasst, wenn ich weiß, welchen Strich, welchen Schwung ich machen muss. Ich zitiere noch einmal Merleau-Ponty, weil er genau das ausdrückt, was mir wichtig ist: "Von einem Ding sage ich, dass es bewegt wird. Aber mein Körper bewegt sich, meine Bewegung entfaltet sich. Sie ist aber nicht im Ungewissen, ist sich gegenüber nicht blind, sie strahlt aus einem 'sich' heraus." Er hat von der Priorität der Wahrnehmung, der Imagination gesprochen."

Foto: Nikola Milatovic
Die Natur, das Organische inspirieren ihn. Hollegha malt nach der Natur. Ausgangspunkt ist immer ein Gegenstand: Holzstücke und -haufen, Puppen, Alltagsgegenstände, die er so lange betrachtet und studiert, bis er die dem Gegenstand immanente Bewegung entdeckt und abstrahiert - zuerst zeichnerisch, dann auf seinen meist sehr großformatigen Bildern. Unabhängig von Moden und Trends hat Hollegha seine eigene Grammatik entwickelt, sein Markenzeichen ist der extrem dünne Farbauftrag. Hollegha malt nicht mit dem Pinsel. In seinen Ateliers stehen hunderte kleine weiße Porzellanschüsselchen, aus denen er die Farbe auf die Leinwand schüttet; mit Stoff-Fetzen bearbeitet er die Farbflecken. Durch das Hinauswischen entstehen die Konturen.

Foto: Nikola Milatovic
"In einem Bild muss die Bewegung sein, die Bewegung des Künstlers. Wenn Bewegung im Bild ist, ist auch die Zeit im Bild. Das Foto ist ein Auschnitt aus der Zeit, der Belichtungszeit. Aber in Wirklichkeit steht die Zeit nicht still. Ein Fotograf kann in der Fotografie nichts machen, außer einen Ausschnitt aussuchen. Aber der Ablauf ist etwas völlig Mechanisches, Unpersönliches, von ihm Losgelöstes. Es ist die Bedienung eines physkalischen Apparates. Schon Heidegger wusste, dass durch die Technik etwas verloren geht und dem Menschen den Zugang zu Wahrheit und Erkenntnis verstellt.Der Gegensatz zwischen Foto und Malerei ist der zwischen Apparat und Menschen. Aber wenn der Künstler Dinge sieht, verändert er sie. Jeder auf seine Weise. Das ist kompliziert, aber das ist die Grundlage meiner Malerei."
Die Zitate entstammen einem Interview das Andrea Schurian mit Wolfgang Hollegha führte.
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