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Maria Zerres

Kalypso

Galerie Ulysses
 25.04. - 15.07.2022

 
Eröffnung am Montag, den 25. April 2022 von 17 bis 20 Uh 
 

Bild
Maria Zerres
Öl auf Leinwand, 206 x 259 cm
Foto: Dominik Haberstock

MARIA ZERRES, 1961 in Linden im Westerwald geboren, studierte in Köln und Wien. Schon in ihren Studienjahren bei Professor Tönnies in Köln oder bei Peter Weibel in Wien - die beide auf ihre Weise eigentlich keine Maler ausbilden wollten - setzte sie sich unbeirrbar als malerisches Talent durch. Ihre Malerei wurde gefördert durch Volontärzeiten im Atelier von Jörg Immendorff und vor allem bei C.O. Paeffgen und unter Künstlern erfuhr sie in erstaunlich kurzer Zeit Aner­kennung.

Die Beharrlichkeit, mit der Maria Zerres ihren Weg als Malerin verfolgt, die kontinuierliche Arbeit an ihrem Werk in Verbindung mit einem wie selbstverständlich erscheinenden Selbstbewusstsein, gepaart mit einer guten Portion Zielstrebigkeit, sie alle zeigen, dass hier eine Persönlichkeit herange­reift ist, die unter den starken Frauen unserer Zeit eine wichtige Rolle spielt.
Maria Zerres lebt und arbeitet in New York und in Traunreut, Bayern, wo ihr von der Ayn  Foundation ein eigenes Museum eingerichtet wurde (DASMAXIMUM).

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Maria Zerres
Öl auf Leinwand, 206 x 259 cm
Foto: Dominik Haberstock

KALYPSO

Kadmiumrot; hier ist die Liste meiner roten Lieblingspigmente: Scharlachrot, Burgunderrot, Zinnoberrot, Magenta und Englischrot. Ich liebe die Poesie dieser Worte genauso wie die Farben selbst. Und ich freue mich darauf, diese Bilder in der 'Galerie Ulysses' zu zeigen, wo auch Arnulf Rainer seine eigene Ausstellung mit seinen revolutionären roten Gemälden hatte.

Abendrot; der markante Sonnenuntergang meines Elternhauses im Westerwald, der Sonnenuntergang in den Bergen meiner bayerischen Heimat, der flammende Sonnenuntergang auf dem Hudson River in New York, wo ich mein zweites Atelier habe. Der Sonnenuntergang meines Lebens, den ich erst jetzt am fernen Horizont sehen kann; der Sonnenuntergang auf den Inseln von Trinidad und Tobago, die zum magischen Tanz dieser Musik namens Calypso leben.

Lust auf das Leben; seit vielen Jahren auf einer Insel der Liebe gefangen, darf ich nun endlich nach Hause zurückkehren, wie Odysseus, der von Kalypso endlich in die Freiheit entlassen wird. Lust in einem roten Lackzimmer wie ein Proustsches Boudoir oder ein asiatischer Tempel mit einer schwingenden roten Laterne, die geheime Lust von Barnett Newmans Gemälde „Annas Light“, in das man tatsächlich eintreten kann. Meine Lust an der Malerei, wie meine unermessliche Lust am Dasein, wird erst im reichen roten Samt meines Sarges oder in der heißen roten Flamme der Verbrennung meines Körpers enden.

Yahweh - der hebräische Gott, der seinem Volk die Kraft gab, das Rote Meer zu durchqueren, der es durch die Rote Wüste führte: Zornesröte. Im Alten Testament finden wir das Wort Rot in verschiedenen Formen: adom, der Name der Farbe, chakliy, was wörtlich „dunkel“ oder eine Person unter dem Einfluss von Wein bedeutet, suph, was „Schilfrohr“ bedeutet und sich auf das Rote Meer bezieht, und adam, was „Blut“ oder „etwas Rötliches“ bedeutet.

Picasso - der sich weigerte, James Joyces Ulysses, welches genau vor ein hundert Jahren in Paris erstveröffentlicht wurde, zu illustrieren. Stattdessen schuf Matisse eine Reihe der schönsten Bilder zu Ulysses, die in keinem Zusammenhang mit dem Buch selbst stehen, das er nie gelesen hat. Ebenso illustrieren diese Bilder von mir den klassischen Mythos der Kalypso sowie die Musik und den Tanz, obwohl sie nichts damit zu tun haben.

Skizze und Spachtel; die Ideen für meine Bilder skizziere ich zunächst auf Papier und auch auf der Leinwand selbst. Zwischen diesen ersten Skizzen und dem vollendeten Bild liegt ein langer Weg, zeitlich und arbeitsmäßig. Dazwischen kommt der Spachtel, das Werkzeug meiner eigenen roten Wut, wenn meine Bilder zu dicht und zu vollgemalt sind mit so vielen Schichten von Gedanken, Emotionen und Pigmenten. Ich weiß nie im Voraus, was mein Thema sein könnte, ehe ich den ersten Strich auf die leere Leinwand setze, aber ich kann dann die nächsten fünf Stunden damit verbringen, Bild, Farbe, Struktur und Textur in Kombination miteinander zu bewegen. Wenn ich weiß, dass das Bild fertig ist, bin ich wieder frei wie Odysseus.

Odyssee; eine meiner Lieblingsversionen des Mythos ist Godards Film Le Mépris, in dem Fritz Lang versucht, die Rückkehr des Odysseus zu verfilmen. Hier ist Rot ein wiederkehrendes Thema, vom roten Sportwagen über die roten Möbel und den roten Bademantel von Brigitte Bardot bis hin zum ganz anderen Rot der Villa Malaparte. Die Heimreise des Odysseus dauert etwa zwanzig Jahre, aber in der mündlichen Überlieferung war es eine Geschichte, die nur eine Nacht am roten Lagerfeuer dauerte, und in Joyce' Buch ist die Handlung auf einen Tag
verdichtet; das ist das Gegenteil meines Gemäldes, dessen Fertigstellung vielleicht nur einen Tag dauert, das aber mein Leben lang weiterleben wird, und Ihr Leben und darüber hinaus.

Maria Zerres, New York, März 2022