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Manfred Pernice

dellbrück

blank down GALERIE nächst ST STEPHAN Domgasse 6
 26.01. - 15.04.2023


Eröffnung: Donnerstag 26. Jänner 2023, 18 Uhr




bild
piccolo XL, 2016
MDF, Holz, Farbe
H 150 cm, DM 60 cm

Courtesy Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder
Foto: Markus Wörgötter

dellbrück ist die installative Besetzung des Raumes (Unterteil), dessen Auslotung allein dem Blick der Betrachtenden gelingt. Die skulpturalen Objekte hätten gerne alles kontrolliert, sind aber – aufgrund technischer Mängel – dazu nicht mehr in der Lage: Also stehen die nur noch so herum. Eine Brücke ist beschädigt (Delle) und kann nur noch eingeschränkt benutzt werden – sie ist eigentlich zerstört, verbindet aber dennoch zwei Punkte und könnte das Trennende überwinden.

Manchmal sind Manfred Pernices Skulpturen mit Gebrauchsgegenständen, Fotokopien oder Zeitungsausschnitten kombiniert und rufen Erinnerungen an Orte ab, stellen Bezüge zu soziohistorischen Kontexten her oder öffnen eine Kette von Assoziationen, die subjektiv und damit nicht eindeutig lesbar bleibt. Sie folgen erprobten Ordnungssyste- men, die sich in spezifischen Serien artikulieren, dabei aber stets dem Prinzip der Rekombinierbarkeit folgen. Als räumliche Verortung von Geschichte greifen sie Ortsspezifisches auf und finden in Nebensächlichem oder gar Aus- sortiertem neue Zugangsformen zu der Komplexität dessen, was gelebte Realität ausmacht. Dieses Netzwerk wech- selseitiger Bezugnahmen wirkt geordnet, baut aber gezielte Bruchstellen ein.

Was wir sehen, sind flache runde Objekte, die auf dem Boden stehen. Sie sind mit Sensoren ausgestattet, diese funktionieren aber nicht. Die Skulpturen wollen ihre Position im Raum und unsere zu ihnen bestimmen und scheitern an der eigenen Infrastruktur. Einen Meter über dem Boden hört die Ausstellung dann wieder auf – eine flache Hori- zontale im Raum, ein inselhaftes Volumen, vielleicht auch das skulpturale Echo eines Vorortes von Köln, dessen Signifikanz in diesem Kontext unscharf bleibt. Es gibt die Andeutung von etwas Dysfunktionalem, das die Objekte in einer vermeintlichen Selbstgenügsamkeit verharren lässt, das aber auch auf eine neue Auslotung ihrer Beziehung zu ihrer Umgebung hindeuten könnte.

Manfred Pernices Skulpturen rekurrieren stets auf ein ebenso wiederkehrendes wie ausdifferenziertes Vokabular aus Formen, das sich seinerseits in wiederkehrenden Konfigurationen präsentiert. Kompakte Volumina, räumlich geord- net, manchmal gereiht oder zur Barrikade arrangiert, in jedem Fall aber installativ in Beziehung zueinander gesetzt, entfalten offene Referenzsysteme, die in momenthaften Konstellationen unsere Gegenwart und ihre Verfasstheit ausloten. Die „dosenförmigen“ oder Container-artigen Arbeiten changieren zwischen skulpturaler und architektoni- scher Form und könnten zeichenhafte Modelle größerer Systeme sein. Die Raumkörper bestehen aus einfachen Baumaterialien und strahlen eine Vorläufigkeit aus, die ihrem potenziellen Modellcharakter entspricht. Diesen formu- lieren sie in stabiler Form, insistieren aber darauf, dass ihre Erscheinung bloß eine Möglichkeitsform ist.

Dellbrück ist ein Stadtteil von Köln. Als Ausstellungstitel verbleibt die Ortsangabe indes unverbindlich. Der Name wirkt sprechend, aber das Bild, das er evoziert, führt nicht weit. Eine Brücke, die eine Delle hat, und irgendwo kommt vielleicht der Rhein ins Spiel.

Vanessa Joan Müller

Manfred Pernice, geboren 1963 in Hildesheim, lebt und arbeitet in Berlin.
Von 2004 bis 2009 war er Professor an der Akademie der bildenden Künste, Wien, 2012 wurde Pernice als Professor für Bildhauerei an die Universität der Künste Berlin berufen.

Einzelausstellungen (Auswahl): LLS Paleis, Antwerpen (2021); Kunstfenster des Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e.V., Haus der Deutschen Wirtschaft, Berlin (2017); Kunstmuseum St. Gallen (2016); Institut d'Art Contemporain Villeurbanne (2013); Haus der Kunst, München (2013); SMAK, Gent (2011); n.b.k. Neuer Berliner Kunstverein (2011); DCA Dundee Contemporary Arts (2011); Secession, Wien (2010); Modern Art Oxford (2010); CEAAC Centre Européen d'Actions Artistiques, Straßburg (2010); Salzbur- ger Kunstverein (2010); Neues Museum, Nürnberg (2008); Museum Ludwig, Köln (2008); Pinakothek der Moderne, München (2003); Sprengel Museum, Hannover (2001); Portikus, Frankfurt/ Main (2000); Kunsthalle Zürich (2000); Kabinett für aktuelle Kunst, Bremer- haven (1997).

Manfred Pernice nahm unter anderem an der Biennale São Paulo (2011), den Skulptur Projekten Münster (2007), der Biennale Sevilla (2006), der documenta XI in Kassel (2002), der Biennale Venedig (2003 und 2001), der Manifesta 3 in Ljubljana (2000), der Berlin Biennale (1998) und der Biennale Lyon (1997) teil.