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Isa Melsheimer

Plant Hunters

GALERIE nächst ST STEPHAN
 25.01. - 09.03.2013


Vernissage: am Mittwoch, dem 20. März 2013, um 19:00 Uhr



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Die Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder freut sich, die dritte Einzelausstellung der in Berlin lebenden Künstlerin Isa Melsheimer zu präsentieren.

Die Künstlerin konnotiert ihre Installationen, skulpturalen und textilen Arbeiten und Gouachen mit architektonischen Bezügen, mit Fragen zur Behausung und Gestaltung der unmittelbaren Umgebung und greift auch städtebauliche Aspekte auf. Sie abstrahiert dabei einzelne formale Komponenten, um deren kulturelle Codes zu befragen. In letzter Zeit schuf sie Skulpturen, die Beton und Vegetation in Beziehung setzen. In dieser Ausstellung wagt sie nun einen expliziten Exkurs in die Pflanzenwelt, im speziellen in botanische Gärten. Sie untersucht dabei deren Idee und Geschichte und die mit ihnen verbundenen prekären Implikationen von Eroberungszügen und Kolonialismus.

Der Pflanzenjäger, etwa seit dem 17. Jhd. tätig und im 19. Jhd. zum respektierten Berufsstand erhoben, war Naturkundler und Forschungsreisender, der die Weltumsegler im Dienst der Kolonialmächte begleitete. Der Pflanzentransport aus Amerika, Asien, Australien und Afrika auf dem Seeweg war aufwendig und verlustreich, von den gesammelten Pflanzen kamen nur wenige lebend an. Die Erfindung des englischen Arztes Nathaniel Ward brachte ab 1835 eine entscheidende Wende für den Transport des wertvollen Guts. In luftdicht verschlossenen, mit feuchter Erde gefüllten Glasgefäßen konnten Samen und Keimlinge den wochenlangen Transfer auf dem Seeweg überleben.

Im ersten Raum der Ausstellung nimmt Isa Melsheimer mit ihren Skulpturen die Idee der &bdquoWardschen Kästen“ auf, als Pflanzenjägerin lässt sie in Glaskuben verschiedene Pflanzen aus dem botanischen Garten von Lissabon, eine Welwitschia mirabilis aus der &bdquoNamibia“-Abteilung des botanischen Gartens in Berlin-Dahlem und eine Maria-Theresia-Palme aus Schönbrunn gedeihen. Als Raumteiler fungieren bestickte Tücher mit Motiven wie etwa einem Grabrelief der altägyptischen Königin Hatschepsut, das ihre Rückkehr aus dem eroberten Land Punt darstellt - zu Schiff samt Pflanzentransport. Oder etwa die Meuterei auf der Bounty, die möglicherweise auch deshalb ausbrach, weil die Matrosen zugunsten von Brotfruchtbäumen auf Trinkwasser verzichten mussten. In ihren Gouachen wiederum verbindet Isa Melsheimer Pflanzenstudien mit Architekturelementen.

Der anschließende Raum zeigt die Folge der &bdquoWardschen Wende“, die das &bdquogrüne Gold“ im Zuge globalisierter Kapitalisierung zu traurigem Dasein in Spar-, Aldi-, IKEA- und anderen Märkten verdammte. Überzüchtete Palmen, Orchideen und andere einst teure exotische Gewächse verdorren im Massenangebot zum Sonderpreis. Dazwischen sind Wellensittiche aufgestellt, die kleinen, billigen Abkömmlinge der wertvollen Papageien aus herrschaftlichen Volieren, nun massenhaft im Angebot für den kleinbürgerlichen Haushalt. Als teure Porzellanfiguren erheben sie Einspruch und erinnern an kostbares Vitrinen-Inventar.

Die Fenster der Galerie sind mit milchiger Flüssigkeit bestrichen, es herrscht Treibhausatmosphäre. Isa Melsheimers Ausstellung ist ein in sich geschlossenes Biotop, kein Blick dringt nach draußen.

Isa Melsheimer (geb. 1968 in Neuss) lebt und arbeitet in Berlin. Ausstellungen (Auswahl): Kunstmuseum Mühlheim an der Ruhr (2013); Santa Monica Museum of Art, Santa Monica, CA; Palais de Tokyo, Paris; Neues Museum, Nürnberg (alle 2012); MUDAM Luxembourg (2011); Kunsthaus Langenthal; Carré d’art – musée d’art contemporain, Nîmes; Temporäre Kunsthalle Berlin (2010).