JAMES WELLING
19. September – 31. Oktober 2008
„Ich sehe immer weniger Unterschied zwischen darstellender und so genannter
abstrakter Fotografie. In jeder Fotografie gibt es immer darstellende und abstrakte
Momente.“ James Welling, 2007
In mehr als drei Jahrzehnten hat James Welling ein OEuvre geschaffen, das beim ersten Blick
äußerst heterogene Werkserien umfasst. Während seiner Ausbildung am CalArts, dem für Film
und Video berühmten California Institute of the Arts, gab es keine Abteilung für Fotografie im
handwerklichen Sinn. So erlaubte ihm sein experimentierfreudiger Zugriff auf das Medium die
größtmögliche Freiheit jenseits zeitgebundener Lehren und Doktrinen. Sein Interesse galt von
Anfang an dem „Making of an object“, dem Fotografieren im vielzitierten Sinn von
„Lichtschreiben“.
Die Fotografien von James Welling beruhen auf komplexen Herstellungsverfahren mit einer Reihe
historischer Referenzen. Seine darstellenden, quasi dokumentarischen Werkserien in der
Tradition der klassischen Kunstfotografie eines Paul Strand entstehen parallel zu abstrakten
Arbeiten, den Fotogrammen, wie sie durch die Avantgarde mit Moholy-Nagy, Christian Schad
und Man Ray im Kunstkanon verankert worden sind. „Ich sehe, im Rückblick, keine Möglichkeit,
der Geschichte der Fotografie zu entkommen.“ (JW, 2003)
James Welling verwendet herkömmliche analoge oder digitale fotografische Verfahren, mit oder
ohne Kamera, oft auch in Kombination und jenseits von Glaubenskriegen. Sein Interesse gilt den
Modulationen von Licht und Schatten sowie dem Faktor Zeit. Eine „Entschleunigung“ des
Sehens, eine Störung des schnellen Bildkonsums stellt sich ein. James Welling formuliert, mit
Bezug auf den amerikanischen Lyriker Wallace Stevens, der sich gegen das schnelle Lesen und
Verstehen von Gedichten wendet: „Ich möchte diese Art des Erkennens verlangsamen. Ich
möchte etwas machen, was das Bild ‚ent-häutet’, denn Fotografie war für mich nie die direkte
und simple Aufzeichnung dessen, was man sieht.“ (JW, 2007) So gibt James Welling, den
Dokumentarcharakter von Fotografie bezweifelnd, vielmehr dem, was er selbst sieht, eine
physische Form, die er organisiert und auf ein Stück Papier bringt.
Wir zeigen Arbeiten aus der Serie der „Torsos“, 2005-2008, bei denen ein Stück Stoff auf
chromogenes Papier körperhaft drapiert und dann belichtet wird. Das Ergebnis ist die
Aufzeichnung der Materialität des Stoffes, seiner Opazität bzw. Lichtdurchlässigkeit. Im weiteren
sind neue Arbeiten aus einer Serie von Architekturfotografien zu sehen, die unter dem Titel
„Glass House“ Philip Johnsons Wohnhaus in New Canaan, Connecticut, zeigt, das 1947-1949
in der Tradition der europäischen Moderne eines Mies van der Rohe erbaut wurde und jetzt als
Museum zugänglich ist. Die lichtdurchflutete Architektur wird durch Vorschalten von Farbfiltern
bei der Kameraaufnahme farblich verfremdet. Die Serie der „Quadrilaterals“, 2007, sind Wellings
erste computergenerierte Bilder, die eine mittels Maya Graphics geschaffene dreidimensionale
Figur projizieren und im zweidimensionalen Ergebnis feine Grauabstufungen zwischen Schwarz
und Weiß innerhalb der Form herstellen. Darüber hinaus werden Arbeiten aus der eben erst
begonnenen Serie „Untitled“ zu sehen sein, in der Dunkelkammer entstandene Fotogramme auf
chromogenem Papier.
James Welling geb. 1951 in Hartford, CT, lebt und arbeitet in Los Angeles, CA. Seit 1995 Leiter des Lehrstuhls für
Fotografie an der UCLA University of California, Los Angeles.
Ausstellungen (Auswahl):
2008:
David Zwirner Gallery, New York, NY; Whitney Biennale, Whitney Museum, New York,
NY
2006:
Hudson River Museum, Yonkers, NY; Centre Pompidou, Paris
2003:
The Last Picture Show: Walker Art
Center, Minneapolis, MN; Hammer Museum, Los Angeles, CA; Museo de Arte Contemporánea de Vigo, Fotomuseum Winterthur
2002:
Art Gallery of York University, Toronto; Palais de Beaux-Arts, Brüssel
2000:
Retrospective: Wexner
Center for the Arts, Columbus, OH; Baltimore Museum of Art, Baltimore, MD; The Museum of Contemporary Art, Los
Angeles, CA
1999:
Sprengel Museum, Hannover
1998:
Kunstmuseum Luzern
1994:
Kunstmuseum Wolfsburg
1992:
Documenta IX, Kassel . Werke u.a. im Museum of Modern Art, New York, Metropolitan Museum of Art, New York, und
Whitney Museum of American Art, New York
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