Kulturpreisträger
des Landes Niederösterreich 2003
für bildende Kunst und
Medienkunst (Experimentalfilm)
Lisl Ponger
Würdigungspreis Bildende Kunst
Konzepte - Strukturen - Wandlungen
Lisl Ponger wird aufgrund der Medien, die sie seit den 70er Jahren
bevorzugt verwendet, gerne unter die Fotografinnen und Filmerinnen
eingereiht. Sie sollte jedoch als Konzeptkünstlerin bezeichnet
werden, gleichzeitig als Analytikerin an der Schnittstelle zwischen
Kunst, Wissenschaft und Leben. Um die Ideen ihrer gedanklichen und
tatsächlichen Reisen umzusetzen, greift sie zu Fotografie und
Film, ist dabei aber auch Sammlerin und Inszenatorin von Räumen.
In ihrem auf diversen Flohmärkten zusammengetragenen Fundus
finden sich Andenkenstücke und sogar Filme, die neu aufbereitet
werden, Bilder alter und moderner MeisterInnen, dazu Stoffe, Schuhe,
Vorhänge und Möbel - oft im Imperial - oder Orientlook.
Alle diese Objekte werden herangezogen, um Identitätsbefragungen
durchzuführen.
In einer Serie neuer Selbstbildnisse stellen sich Lisl Ponger als "Xenographin" dar,
die sich selbst in dieses Found Footage-Material kleidet und mit
Tourismuskitsch-Idolen umgibt, die plötzlich gleichgestellt
sind mit den "echten" Idolen, Masken und magischen Gegenständen...
Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Brigitte Pamperl
Anerkennungspreis Bildende Kunst
Grenzen spüren und verschieben
In meiner künstlerischen Arbeit versuche ich Grenzen zu hinterfragen.
So sind räumliche Begrenzungen ein Thema. Räume entstehen
durch Begrenzung. Diese Begrenzung wird gewünscht, gibt Sicherheit
und kann gleichzeitig als Einengung empfunden werden. Ich setze Begrenzungen
in starr-beweglicher und wieder teilbarer Form um eine mögliche
Weiterbewegung nicht zu behindern. Im nicht visuellen Bereich sind
die Grenzen: Normen, Regeln und Codierungen, welche das Leben bewusst
und unbemerkt bestimmen und eingrenzen. Codierungen genetischer und
materieller Werte versuche ich zu überprüfen und darzustellen. "Ich
spiele" mit optischem Vermischen und Überlagern von Gen
- und Barcode ein scheinbar unendliches Spiel, dessen Grenzen und
Auswirkungen wir im realen Leben nicht einschätzen und wahrnehmen
können.
Brigitte Pamperl Hilde Fuchs
Anerkennungspreis Bildende Kunst
Suche nach Existenz - Ergrüngung der Mitte
Hilde Fuchs schaut gerne auf das Darunter, auf die Grundlagen
einer Sache, einer Existenz. Sie sucht den "Boden unter den Füßen" und
den Blick auf das "schnell Übergangene" und unternimmt
den Versuch, auf dem Gebiet ihres eigenen Kunstschaffens kein "Betreten
Verboten" als gegeben zu nehmen - so ist es zu verstehen,
dass sie sich eine Woche lang im Selbstexperiment täglich
nur monochrom nach einer Farbe ernährt und sich dann zwei
Stunden lang ein selbstgebautes Mikrofon auf den Bauch legt, um
die Möglichkeiten eines semantischen Bezugs zur Wortschöpfung "Farbton" zu
erkunden - das "Betreten Verboten" vor der Stufe zur
Pseudowissenschaft wird nicht als Hindernis sondern als Ausgangspunkt
einer tatsächlichen Selbsterfahrung benutzt...
Tina Kosak
Peter Tscherkassky
Würdigungspreis Medienkunst
Manufraktur - vom Found Footage zum Laserpointer
...Sein eigener Weg zur Filmpraxis führte über die Theorie:
Tscherkassky studierte Philosophie in Wien und Berlin. In Berlin
war es auch, wo er 1979 mit dem Super 8 Format seine ersten filmische
Experimente realisierte. Sechs Jahre später folgte der erste
35mm Film "Manufraktur". Das war zugleich der erste mit
gefundenem Filmmaterial, sein erster Found Footage"-Film,
hergestellt in jener Dunkelkammer, die er sich als Jugendlicher
im elterlichen Haus in Mistelbach eingerichtet hatte.
...Der internationale Durchbruch als Filmkünstler kam 1999:
mit seinem Film "Outer Space". "Outer Space" ist
ebenfalls ein Werk aus gefundenem Filmmaterial, ein zehnminütiges
Destillat aus einem Hollywood-Horrorfilm. Zu mehr als 80 Festivals
wurde "Outer Space" weltweit eingeladen auf diesem Triumphzug
mit 18 Preisen ausgezeichnet.
...sein kleines Studio, oder seine "Filmmanufraktur",
wie er es nennt, hat sich Peter Tscherkassky mittlerweile im südlichen
Weinviertel eingerichtet. Mittels einer aufwendigen handwerklichen
Kopiertechnik belichtet der Künstler bis hin zum Einzelkader
neu und erzielt mit einem Laserpointer als wichtigstes Werkzeug
seine flackernden, Visuell aufregenden Hervorhebungen Brigitte Burger-Utzer
Kerstin Cmelka Anerkennungspreis Medienkunst
Bewegung - Manipulation - Irritation
Kerstin Cmelkas bisherige Veröffentlichungen
lassen sich grob als filmische Bearbeitungen von Körpern und
Räumen charakterisieren. Wesentlich daran ist, dass die (weitgehend
stummen) Filme nicht am Schneidetisch, sondern bereits in der Kamera
entstehen:
Kerstin Cmelka setzt dabei unter anderem Mehrfachbelichtungen und
Masken ein, macht also Gebrauch von den ältesten "spezial
effects" des Kinos. Die vorfilmische Wirklichkeit, das Abgebildete,
wird auf diese Weise einem diskreten Verfremdungsprozess unterzogen.
Verschiedene Zeitebenen leben sich über- und nebeneinander,
Körper generieren geisterhafte Doppelgänger, stabile
räumliche Strukturen geraten kaum merklich in Bewegung... Isabella Reicher Martin Anibas
Anerkennungspreis Medienkunst
Metamorphosen im experimentellen FilmMartin Anibas zeichnet Stimmungsbilder
auf Papier und lässt diese zu bewegten Animationsbildern werden.
In seinem letzten Film "Pique-Nique" (2001) bringt er
diese Technik virtuos zu Einsatz und lässt den BetrachterInnen
viel Freiraum für eigene Assoziation. Die Animationsfilme
von Martin Anibas erzählen keine Geschichten, sondern kreisen
um dynamische, rhythmische Metamorphosen oder beschäftigen
sich mit gegenstandslosen Farbkompositionen. Sie haben einerseits
Bezüge zum abstrakten Film der 20er-Jahre, anderseits greifen
sie Aspekte des hand-painted film des durch Oskar Fischeninger
inspirierten US-amerikanischen West-Coast-Experimentalfilms auf. Christine Dollhofer |