Kulturpreisträger des Landes Niederösterreich
2002
für bildende Kunst und Medienkunst
(Videokunst, digitale und spartenübergreifende Medienkunst)
Würdigungspreis Bildende Kunst
Johanna Kandl
Das... "immer noch malen" ist ein wesentlicher
Aspekt in der Arbeit der Künstlerin, denn der Verlangsamungseffekt
macht aus dem Schnappschuss ein Historienbild oder zumindest eine
Genreszene. Die Verfremdung basiert auf der "gestundeten Zeit"
(I. Bachmann) und lässt den Betrachter einen Standpunkt jenseits
der Tagesaktualität erkennen. Denn die Künstlerin konfrontiert
in realen Bildern eines "narrativen Realismus" (der durchaus
als Anspielung auf den historischen "sozialistischen Realismus"
gesehen werden kann), Menschen in ihrer Umgebung mit verstörenden
Floskeln aus Zeitungsschlagzeilen und einer globalen Wirtschaftssprache,
die jeglichen Bezug zum Menschlichen verloren hat. Die kalte ökonomische
Sprache zeigt in den Bildern der Malerin auf, wie brüchig die
Eliten des westlichen Kapitals sind. Die Montage ist hochpolitisch;
sie verweist auf die ethischen Verschiebungen in Fragen von Gemeinschaft
und gibt die Möglichkeit einer "zweiten Option"...
Annerkennungspreis Bildende Kunst
Claudia Klucaric
Ich habe Bildhauerei studiert, aber schon früh
begonnen, das Medium, das der Umsetzung meiner Vorstellung am besten
entspricht, dem jeweiligen Projekt entsprechend zu wählen.
Die innere Haltung, die ich zu einem Thema entwickle,
bestimmt meine Arbeitsweise; diese umfasst daher Video, Zeichnung
und dreidimensionale Arbeiten wie Objekte und Rauminstallationen
genauso wie Literatur.
Kommunikation als "in Bewegung befindliche Unklarheit",
Begegnungen und Bindungen jeder Art, ihre Unmöglichkeit und
ihr Gelingen, ihre Zufälligkeit wie ihre Bidingungslosigkeit
- die stets wechselnden Verhältnisse zwischen Nähe und
Isolation stehen im Zentrum meines Interesses.
Aus der 40teiligen Graphikserie GAZE entwickelte (s)ich
das Nachfolgeprojekt EINE ANALYISCH-POETISCHE ANNÄHERUNG, eine
mehrteilige Videoarbeit, mit dessen erstem Teil NICOLA in den Wettbewerb
beschickte.
Die Vermittlung von Atmosphärischem und Transfaktischem
ist mir darin ein besonderes Anliegen."
Annerkennungspreis Bildende Kunst
Karin Frank
"Holz ist mein bevorzugtes Material, auch weil
es dem Aussehen von Haut am nächsten kommt. Der Farbe gebe
ich dabei einen eigenen Stellenwert. In den neueren Arbeiten bin
ich dazu übergegegangen, die Haut selbst in der Art des Inkarnats
mit Farbe anzulegen. In jüngerer Zeit habe ich begonnen, das
Thema "Stoffwechsel" auf skulpturale Weise darzustellen.
Ich bin dabei, das Motiv sukzessive zu verändern, mich einer
drastischen Darstellung anzunähern. Beeinflusst durch meine
Aufenthalte in Russland/Sankt Petersburg, wo sich viele Flüsse
und Seen befinden, beschäftige ich mich auch mit der Landschaft.
Der Bezug zu einem spezifisch psychologischen, nationalen oder geschichtlichen
Umraum ist in meiner Arbeit immer der Ausgangspunkt."
Würdigungspreis Medienkunst
Univ.- Prof. DL Berhard Leitner
"Wie ich zu diesem grenzüberschreitenden
künstlerischen Gebiet gekommen bin, ist nicht einfach nachzuvollziehen.
Jedenfalls hat sich um 1968 die Idee >Tonraum< konkretisiert,
auf mehreren Kanälen gespeist beziehungsweise befruchtet...
Dabei ging es mir nicht darum, musikalisch-räumlich zu denken
wie etwaSTockhausen oder Nono, sondern gestalterisch, bildend mit
Klang zu arbeiten.
Dazu kam noch mein großes Interesse an technischen
Instrumentarien in der Kunst des 20. Jahrhunderts, sowohl in der
elektroakustischen Musik als auch in der Licht- und Bewegungskunst.
Das floss alles zusammen zu einer Idee: Der Klang ist nach der revolutionären
Entwicklung der Tontechnik heute in einer solchen Exaktheit produzierbar
und reproduzierbar, dass ich ihn als Material, als künstlerisch-gestalterisches
Material verwenden kann..."
Leitner verwendet hier bewusst den Terminus Ton anstelle
von Klang, um eine deutlichere Distanz zum Musikalischen zu gewinnen.
Ton ist nicht mehr ein Synonym für Musik, sondern für
akustisches Material, das in besonderer Beziehung zum Raum steht,
in so ferne es die Möglichkeit bringt, neue Raumfindungen zu
konstruieren. "Ton-Tor", "Kreuzung", "Ton-Platz",
"Walzer-Gang" sind erste Werke eines Denkens von Raum
als Ton, das sich anzunehmend als "Sound Architecture"
zu begreifen begonnen hat...
Mag. Carl Aigner
Annerkennungspreis Medienpreis
Erwin Redl
Kunst ist überall - folglich also auch im Internet.
Die Arbeit von Erwin Redl reflektert über mögliche künstlerische
Positionen nach der "Digital Experience." Spätenstens
nach der "digitalen Erfahrung" ist auch ihr Auftritt im
Internet eingeläutet, dem Leitmedium der globalen Hochgeschwindigkeitsgesellschaft.
Eine Gruppenausstellung 1996 in der Postmasters Gallery, New York,
trug den symptomatischen Titel: "Can you Digit?" Das doppeldeutige
Wortspiel meint auch: "Hältst Du's noch aus?" Redls
Internetwerke heißen "You and me?" (1997), oder:
"Truth is a moving target." Dem virtuellen Charakter des
Digitalen setzt Redl temporäre und permanente Installationen
entgegen - scheinbar, denn: "Der formale und strukturelle Ansatz
in den verschiedenen verwendeten Medien wie Installation, CD-ROM,
Internet und Sound benötigt beinahe binäre Logik, da ich
das Material nach strengen selbstauferlegten Gesetzen anordne. Jene
Regeln beinhalten oft Algorithmen, kontrollierte Zufallsoperationen
und ähnliche Methoden, wie sie von Computercodes inspiriert
sind." Bei der Whitney Biennale 2002 zeigt er eine architektonische
Lichtinstallation and der Fassade des Whitney Museums. "Visuelle
Wahrnehmung kann nur in Verbindung mit einer Bewegung des Betrachters
im Raum zur vollen Entfaltung kommen und involviert Zeit als zusätzlichen
Parameter."
Annerkennungspreis Medienkunst
Jutta Strohmaier
...Jutta Strohmaier verwandelt ihr Interieur in das Bild eines
Raumes, in dem sich Außenraum und Innenraum durchdringen.
Da diese Durchdringung von symbolischer und allein bildhafter Natur
ist, erscheint ihre Entscheidung, diese Verwandlung auch nur in
der Form von Bildern zur Diskussion und auszustellen konsepuent.
Und diese Bilder sind flach. Diese Flachheit ist von Belang, um
die Verwandlung des Raumes in ein Bild nicht zu unterschlagen bzw.
vergessen zu machen. Denn die Gleichsetzung des Raumes mit dem Bild
des Raumes wäre blßer Illusionismus. Aber hier steht
eine andere Erfahrung zur Diskussion: Die Erfahrung, dass wir unentwegt
mit Bildern verschiedener Räume - unabhängig von ihrer
topographischen oder geographischen Lokalisierung - konfrontiert
werden und dass diese Bilder von Räumen unseren Raumbegriff
und unsere Vorstellung von Raum "grundsätzlich" prägen.
Mit anderen Worten: Wir kennen unterschiedlichste Räume, ohne
diese jemals leibhaftig gesehen und durchquert zu haben. Allein
das vermittelte Wissen um diese Räume verändert aber die
Wahrnehmung und das Wissen um den Raum, der uns auch erfahbar umgibt.
Die Assoziierung dieses erfahrbaren Raumes selbst mit einem bild,
oder dessen Wahrnehmung nach den Bedingungen seiner Bildhaftigkeit,
leigt nahe...
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