Gabriele Berger, Robert Mittringer, Silvio Gagno, Peter Assmann, Ciro Paladino, Darina Peeva

Zeichen sind die Grundelemente einer Sprache. Auch wenn die Ausdrucks- und
Variationsmöglichkeiten unserer täglichen Schrift- und Lautsprache immens
erscheinen, so hat auch dieses Sprachsystem seine Grenzen. Die Ausstellung
„Zeichensprache“ in der Kro Art Gallery setzt genau an diesem Punkt an und
zeigt sechs Positionen österreichischer, italienischer und bulgarischer
Künstlerinnen und Künstler, die auf je eigene Art und Weise die Grenzen ihrer
„Zeichensprache“ ausloten. Textsetzungen treten in einen Dialog mit figürlichen
Darstellungen, abstrakte Strichcodes beschreiben in minimalen Abweichungen
Individualität und in der Fähnchensprache der Seefahrer erscheinen Gedichte als
graphische Komposition. Die Bandbreite der verwendeten Techniken und
Materialien ist groß und reflektiert nicht zuletzt auch die eigene Identität mittels
der künstlerischen Kommunikation.
Teilnehmende KünstlerInnen:
Peter Assmann
Ob Zeichnungen, Malereien oder Wandtexte - Peter Assmann ist in jedem dieser
Fälle zu gleichem Maße als Literat wie auch als bildender Künstler zu bezeichnen.
Die skizzenhaften, figürlichen Darstellungen seiner Bilder werden stets von Silben
und Satzfragmenten, ja zuweilen auch von eigenen Wortschöpfungen begleitet.
Der Text – oder besser: die Textelemente – sind aber keineswegs als Kommentar
oder erklärendes Anhängsel zu verstehen. Vielmehr führen sie von der rein
bildlichen Erscheinung weg, hin zu weiteren Bedeutungsebenen, zu Bildpoesien.
Aber nicht nur Text und Bild fungieren als Bedeutungsträger im Werk Assmanns.
Auch das Material selbst tritt „ungeschminkt“ zu Tage: so verwendet Assmann
für seine Leinwände nie eine Grundierung, sondern belässt sie als Textilobjekte.
In Zusammenarbeit mit der sizilianischen Künstlerin Iberia Medici entstanden
zahlreichen Wandteppiche, die ganz explizit der Materialität ihren eigenen Raum
zugestehen, sie als Teil der „Bild-Text-Grammatik“ integrieren.
Gabriele Berger
System und Ordnung auf der einen Seite, Chaos und Unendlichkeit auf der
anderen. Das künstlerische Werk von Gabriele Berger ist geprägt von der
intensiven Auseinandersetzung mit diesen Entitäten. In der Ausstellung zeigt
Berger Auszüge aus Wittgensteins Tractatus logico-philosophicus, die sie in die
Winkersprache (internationales Flaggenalphabet der Schifffahrt) übersetzt. Die
Fähnchen definieren als zwar offizielles, aber veraltetes und den meisten
Menschen unbekanntes Sprachsystem eine Grauzone zwischen individueller
Künstlersprache und gemeinsamem Code. Ergänzt wird die Installation durch die
Formation eines Halbkreises aus Granitstücken, dem bevorzugten Material von
Gabriele Berger. Das Symbol des Kreises steht für das Heraustreten aus der
Linearität von Anfang und Ende. Der Kreis macht das Leben als gegenwärtigen
Zustand bewusst. Der halbierte Kreis verkörpert demnach das Pendeln zwischen
Linearität und ihrer Auflösung – die Unvollständigkeit.
Silvio Gagno
„Codici significati“ – „(viel)bedeutende Codes“ lautet der Titel einer Serie von
Bildern des italienischen Künstlers Silvio Gagno. Dominiert auf den ersten Blick
die reine Flächigkeit der meist zweifarbigen Bilder, so offenbart sich die
Komposition bei genauerem Hinsehen als ein Konglomerat aus scharf umrissenen
kleinen Rechtecken. Mit diesen kleinsten Elementen seiner Bilder, gleich den
Buchstaben eines Alphabets, beschreibt Gagno in immer wiederkehrenden und
doch voneinander abweichenden Variationen verschiedene Flächenmuster, die
mitunter an Strichcodes, ähnlich der Aufschlüsselung der menschlichen DNA,
erinnern.
Robert Mittringer
Auch in den jüngsten Zeichnungen bedient sich Robert Mittringer einer
Arbeitsweise, die Berthold Ecker einst als „Weg vom Fundstück zum Kunststück“
beschrieben hat. Gemeint ist damit das unbedingte Interesse am Material als
Ausgangspunkt und Träger der künstlerischen Botschaft. Das für die
Zeichnungen verwendete Papier ist auch vor dem Zeichnen nie rein weiß und
„unschuldig“, es ist „gebraucht.“ Erfüllte es zuvor seine Funktion als
„Schmierpapier“, als „Grundfläche“ für Notizen oder Rechnungen, so dienen die
nun übrig gebliebenen Gebrauchsspuren Mittringer als Ausgangspunkt für eine
zeichnerische Reaktion. Das Fundstück ist der Einstieg in den Schaffensakt, das
prozessuales Ringen um Ordnung, als ein sich Vergewissern der Welt. Auch sein
Werk ist bestimmt vom Ausloten und Relativieren philosophischer Kategorien wie
Chaos und Ordnung.
Ciro Palladino
Stilpluralismus ist auf den ersten Blick wohl die treffendste formale
Charakterisierung der Bilder des Italieners Ciro Palladino. Figuratives im Chiaro-
Scuro Caravaggios, Zeichnungen der Prägung „Art Brut“ und abstrakte Farbfelder
werden begleitet von mit weißer Kreide gemalten Zeichen und Symbolen. Der
Einsatz von Metallic-Farben unterstreicht die Flächigkeit und Zwei-
Dimensionalität der Gemälde. Zudem werden die Bilder von Schwärze
beherrscht, was jede räumliche Wahrnehmung unterbindet. Wie auf einer Bühne
erscheinen nackte Körper aus dem Nichts der Dunkelheit. Grobe Zeichnungen
von Gesichtern auf hellen Farbfeldern stehen in stilistischem Kontrast zu den
figurativen Körpern. Für Palladino selbst beschreibt das Nebeneinander
verschiedener Stile seine Suche nach der Wahrheit menschlichen Daseins.
Darina Peeva
Gedanken, Emotionen und Zustände sind die Ausgangsbasis für die abstrakten
Bilder von Darina Peeva. Um eine Komposition aufbauen zu können, sucht die
aus Bulgarien stammende Künstlerin nach konkreten Zeichen als Anhaltspunkte.
„Ich verwende leicht zu erkennende Zeichen, die mich daran erinnern sollen, für
wen und warum ich Kunst mache.“ Die Zahl „7“ zum Beispiel ist für sie ein
Symbol für Gott, der Buchstabe „A“ steht für einen neuen Anfang, „D“ für den
eigenen Namen (Darina). Die Symbole sind Zeichen (Anzeichen) auf dem
eigenen künstlerischen Weg: sie dienen der Erinnerung an den eigenen Ursprung
und als Orientierung für die Richtung, „wohin ich fahre.“ |