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Angelika Krinzinger

Learning to Fly

Galerie Krinzinger - Kabinett
 12.03. - 15.05.2021

Soft Opening: 12. März 2021, ab 12 Uhr

bild
Angelika Krinzinger, Running To Fly #2, 2021, Direktphotographie, analoger c-print, 83 x 63 x 3 cm

Flügel verleihen

Angelika Krinzinger hat sich den Traum vom Fliegen erfüllt. Ihrem Take-Off ging wie bei vielen ihrer Arbeiten eine ungewöhnliche Spurensuche voraus. Für ihre neue Serie „Learning to fly“ nahm sie Flügel von fünf Insekten unter die Lupe. Eine optische, aber auch geistige Lupe. Eine Lupe, die den Ahnungen der Künstlerin folgt.

„Ohne Ahnungen gibt es keine Spuren. Und Ahnungen sind Regungen, die Flügel des Geistes zu heben“, schrieb die Ikone der Romantik Bettina von Arnim. Angelika Krinzingers Geist schafft 150 Jahre später eine ganz besondere Bilder-Bühne, indem sie die Flügel ihrer kleinen Insektenschar durch analoge Direktfotografie einmal mehr abheben und auf großformatigem Papier landen lässt. Fast möchte man sich diese anschnallen, das Fenster öffnen und summend davonschwirren, am besten mit Tom Pettys „Learning to fly“ im Ohr.

Egal ob es sich um die Flügel einer Biene oder einer Libelle handelt, das Flügel-Stell-dich-ein vereint fragile und doch starke Konstruktionen, die der Mensch gern als Wunder der Natur bezeichnet. Oder ganz anders formuliert: So klein, lästig und unbedeutend eine Fliege auch sein mag, dort oben, über unseren Köpfen kreisend, zeigt sie sich uns gegenüber um einen Menschheitstraum überlegen.

Der Natur ist das egal. Angelika Krinzinger und ihrer Kunst nicht, denn diese schafft einmal mehr Bildwelten und eine Ästhetik, die uns staunen und rätseln lassen. Einzigartige geometrische Formen, Linien, die an Adern oder die Skelette von Blättern denken lassen, verästelte Gitternetze, Strukturen, die wie zufällig wirken, es aber keinesfalls sind. Auch an Galaxien könnte der Betrachter denken. Wenn er das will, denn auch die Freiheit der Interpretation sind Flügel, die die Kunst verleiht. Dazu zählt eben auch der Gedanke, dass Krinzingers neue Bilderserie die dahingeschiedenen Insekten noch einmal abheben und auf ihre Art und Weise stillschön weiterbrummen lässt.

Auch das ist der Natur egal. Angelika Krinzinger nicht. Sie ist mit ihren neuen Arbeiten abgehoben und hat ihren Traum vom Fliegen wahr gemacht. Ihre Flügel verleiht sie auch dem Betrachter. Er darf beim Fliegen zuschauen, ohne den Boden verlassen zu müssen. Das erledigt der Geist, vorausgesetzt, er hat eine Ahnung.

Michael Hausenblas