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Atelier van Lieshout / Isabel Nolan

 

Galerie Krinzinger
 25.11.2016 - 21.01.2017




Vernissage: am Donnerstag, dem 14. Oktober 2016, um 19:00 Uhr
Joep van Lieshout wird bei der Eröffnung anwesend sein

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Der Hausfreund ist ein äußerst zweideutiger Freund. Wie der Briefträger kommt er allzu oft vorbei, besonders dann, wenn man selbst gerade nicht da ist. Er ist ein Freund, der verschiedene Gesichter und Funktionen besitzt - genau wie die vielfältigen Kunstwerke des niederländischen Bildhauers Joep van Lieshout in der Galerie Krinzinger. Eine häusliche Umgebung nachahmend, zeigt die Galerie eine Auswahl Van Lieshouts aktueller Arbeiten, die Fragen über Zerstörung und Erneuerung, Zufall und Konzept, Minimalismus und Funktionalität aufwefen. Anhand seiner Skulpturen erforscht Joep van Lieshout die Grenzen von Ethik und Kunst. Seine Arbeiten treten in den aktuellen Diskurs um Funktionalität, Design und Sprache ein und hinterfragen dabei die Position des Künstlers. Der Künstler ist fasziniert von der Macht, die Gegenstände, Maschinen und Systeme auf die Menschheit ausüben und auch von der (Ir)Relevanz des Individuums angesichts dieses Einflusses.

In den vergangenen drei Jahrzehnten hat Joep van Lieshout ein multidisziplinäres Oeuvre geschaffen, das die Grenzen zwischen Kunst, Design und Architektur erforscht und gleichermaßen Objekte und Installationen, Gebäude und Möbel, sowie Utopien und Dystopien vereint. In seinen frühen Werken machte er sich mit Serien wie „Beer Crates" (1987-1988), „Hard Edge-Furniture“ (1989-1990) und „Soft-Edge-Furniture“ (1990-1995) auf die Suche nach der feinen Grenzlinie, die die hohe Kunst vom massenhaften Funktionsobjekt trennt. Gepaart mit einem starken Fokus auf Effizienz, auf den Prozess und das Konzept durchdringt diese Kunstwerke ein starkes Gefühl von Koinzidenz, Minimalismus und Nihilismus. Auf diese frühen Arbeiten folgten die „Mobile Homes“, die sich nicht länger nur auf das Wesen der Kunst und die Stellung des Künstlers konzentrierten, sondern allgemein Fragen um die Position des Individuums in der Gesellschaft und den Möglichkeiten, außerhalb des Systems zu existieren, aufwarfen. Dieses Konzept wurde im Projekt „AVLVille“ (2001) noch weiter vorangetrieben, im Zuge dessen, Van Lieshout im Hafen von Rotterdam einen Freistaat ausrief, der sich vor allem durch ein Minimum an Regeln, einem Maximum an Freiheiten und dem höchsten Grad an Autarkie auszeichnete.

In seiner jüngsten Arbeit „CryptoFuturism“ (seit 2015), widmet sich Van Lieshout nun wieder Systemen. Dabei setzt er sich, knapp ein Jahrhundert später, aufs Neue mit den italienischen Futuristen auseinander, um diese auf etwaige Resonanzen auf heutige faschistische Tendenzen hin zu untersuchen und benutzt seine Kunst dazu, das enge Zusammenspiel von Utopie und Zerstörung zu enthüllen. Im Zuge dessen, bedient sich Van Lieshout neuer Technologien; von Genmanipulation bis hin zu Robotik und Big Data, um Parallelen zwischen den gesellschaftlichen Bedrohungen des frühen 20. Jahrhunderts und den vielleicht gravierenderen Umständen, mit denen wir heute konfrontiert sind, aufzuzeigen. Ein weiterer Teil von „CryptoFuturism“ ist die „Flatpack-Serie“, mit der Van Lieshout den thematischen Kreis schließt. Diese Werke zeigen eine Rückkehr zu den Themen, die in seinen frühesten Arbeiten vorherrschten. Wie deren Vorgänger (die „Beer Crates", die Hard Edge - und die Soft Edge-Möbelserie, die „Mobile Homes“ und der Freistaat von „AVL-Ville“), nehmen auch die „Flatpacks“ Minimalismus und Modalität als ihren konzeptionellen Ausgangspunkt, verleihen der Thematik allerdings eine ironische Wende. Die Arbeiten vereinen die ökonomischen Modelle, die der Produktion von billigen zeitgenössischen Möbeln zugrunde liegen mit der maximalen Schwere der Ästhetik des Brutalismus. Ein einfacher Aufbau nach einem benutzerfreundlichen Handbuch steht hier klar außer Frage.

Die Ausstellung Der Hausfreund zeigt eine Auswahl an Arbeiten aus der CryptoFuturismus - Serie. Die Auswahl umfasst skulpturale Stücke, die die Suche nach neuen Leitfiguren symbolisieren. Der Künstler bezieht sich hier auf Statuen von Führern, Kaisern oder Gottheiten und verweist so auf eine Zeit, als die Gesellschaft noch von einem einzelnen Individuum oder Gott personifiziert wurde. Diese sind gepaart mit Kunstwerken, die den Kampf zwischen Material und Maschine sowie zwischen Mensch und Maschine darstellen, Werke, die zufällig und gewalttätig geschaffen wurden, wie die Hydroform-Skulpturen. Als Teil des CryptoFuturism hat Van Lieshout eine Reihe von riesigen Maschinen gebaut, die dazu dienen, alle möglichen Materialien entweder zu zerstören oder zu recyceln. Diese Maschinen wurden in weiterer Folge dann dazu verwendet, um mit Hilfe von Hochdruck aus den vorbereiteten Materialien als auch aus verschiedenen Alltagsgegenständen, Skulpturen zu schaffen, welche die Grenzen des Materials anhand von Gewalt und Zufall erforschen.

 

ISABEL NOLAN
Run for the shadows
(Showroom)

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Isabel Nolans Arbeit verführt und entwaffnet uns. Sie ist getragen von einem Verlangen die Momente der Intensität, die wir bei der Begegnung mit Objekten in unserer Umgebung erleben, in materieller Form zu untersuchen und festzuhalten; unerklärbare und verwirrende Momente die unser Bewusstsein schärfen und uns näher bringen, was es bedeutet am Leben zu sein. Für Nolan erfolgt diese Erkundung durch das Herstellen von Dingen – in monumentaler oder intimer Form – welche sie uns als unverbindliche Markierungen unsers Platzes unter der Sonne darlegt.
(Sarah Glennie, Director, Irish Museum of Modern Art)

Nolans Arbeit basiert auf weitreichenden Themenkomplexen, wie urzeitlichen Grundlagen, religiösen Artefakten, der Supernova, dem Esel als kulturelle Trope oder der Verwendung von Flaggen. Innerhalb jeden Themas findet sie einen wunden Punkt oder eine Eventualität, welchen sie in ihren konsequenten Arbeiten Ausdruck verleiht.

Ihrer zweimonatigen Residency in den Krinzinger Projekten folgend, ist Run for the shadows Isabel Nolans erste Ausstellung in der Galerie Krinzinger. Der Neue Werkzyklus beinhalten sowohl hängende Arbeiten als auch Bodenskulpturen, vorwiegend aus Stahl, Stoffen und Zeichnungen. Wie das gesamten Oeuvre Nolans, zeigen auch diese Skulpturen, durch ihre Subjektivität und deren intime Natur, das Innewohnende, die schöne Absurdität des Versuchs große Ideen durch einen donquichottischen Prozess des Schaffens anzugehen, auf.

„Ich verbrachte viel Zeit damit durch die Stadt zu spazieren und die Museen zu besuchen, das KHM im Speziellen. Ich erlebte eine langsame, physische und psychische Enthüllung meiner Fremdheit in Spannung mit dem Wiener Grandeur. Im Wunsch die Aufmerksamkeit der Menschen auf ihre Füße zu lenken, fertigte ich einen neuen modularen Teppich, eine Bodenskulptur, der aus einem Arrangement aus Einzelteilen besteht und in Umriss, Motiv und Form an die höchst aufwendigen Wiener Zimmerdecken angelehnt ist. Diese Arbeit ruft das Dekorative eines Teppichs (und die der Decken) hervor, aber verfehlt die vermutlich erwartete Funktion. Er besteht aus 153 Stücken geschnittenem Stahlrohr, jedes von Hand in Stoff eingenäht. Die Teile sind nicht fixiert und rekonfigurierbar.“

„Die neuen hängenden Skulpturen haben die traditionelle Form von Kronleuchtern, sind hier aber als „Ersatz“ solcher zu sehen. Sie sind provisorisch und spenden kein Licht. Gefertigt aus Baustahl und behängt mit verschiedenen Bahnen handgefärbten Stoffen, fehlt es ihnen an Klarheit oder dem Grandeur, die wir mit dem realen Gegenstücken verbinden. Die Feinheit ist nicht im sich brechenden Licht der Kristalltropfen zu finden, sondern in den Falten der gefärbten Stoffbahnen, die sich überlappen oder den Boden berühren. Diese tief hängenden Interpretationen von Kronleuchtern, ziehen den Blick nach unten und verfehlen, wie der Teppich, angemessen zu funktionieren.“

„Zu den Skulpturen zeige ich eine Serie Zeichnungen, die partiell und intim, fast persönliche Beschreibungen einiger der berühmtesten Werke des Kunsthistorischen Museums darstellen. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf eine Zeile im Song „Golden Years“ von David Bowie. Anknüpfend an die Verse, in denen er sein „baby“ drängt das Leben wieder zu genießen, indem er singt „Nothing’s gonna touch you in these golden years“,ist dies der stille, augenblickliche Refrain von „Run for the shadows“.

Licht wird immer verfolgt vom Reiz des Dunkels, als Größe, physisch oder kulturell, ist es immer überschattet oder untermauert von Demut. Die Arbeiten in der Ausstellung teilen einen einfachen, fundamentalen Impuls: ein Hoch in ein Tief kollabieren zu lassen, das Grandiose als selbst gemachtes wiederzugeben, das Genügsame als genial, das Kunstvolle als behaglich zu empfinden. In dem sie Ängste und Unbeholfenheit in Beziehung mit Extravaganz in einem körperlichen Maß setzen, machen diese Werke aus der eindrucksvollen, entfremdenden Schönheit der opulenten Wiener Inneneinrichtungen etwas Einladendes, Weiches, Losgelöstes und störend Unnötiges.“ (Isabel Nolan)

Isabel Nolan wurde 1974 in Dublin geboren, lebt und arbeitet in Dublin.

Selection of solo exhibitions: Run for the shadows, Galerie Krinzinger, AUT, (2016), The weakened eye of day, Contemporary Art Gallery, Vancouver, CAN and Mercer Union, Toronto, CAN (2016), A Thing Is Mostly Space, Launch Pad, New York, USA (2015); The weakened eye of day, Irish Museum of Modern Art, Dublin, IRL (2014), Unmade, Goethe Institute, Dublin, IRL (2012–13), A hole into the future, Musée d’art moderne de Saint Etienne, FRA (2012), The Paradise (29), Douglas Hyde Gallery 2 (2008), Trance in Inaction, Artspace, Auckland, NZ (2008), Here and Now, Glasgow International (2006), Everything I said let me explain, Project Arts Centre, Dublin, IRL (2005).

Auswahl an Gruppenausstellungen: Cabin Fever, Launchpad Art, London, GB (2016), LIAF biennial, (Lofoten International Art Festival), Norwegen, (2015), Überschönheit, Salzburger Kunstverein, Salzburg AUT, (2015), An Imprecise Science, Artspace, Sydney, AUS (2015), The Black Moon’ (Nouvelle Vague), Palais de Tokyo, Paris, FRA (2013), ‘This is going to take more than one night’, Irish Film Institute. (2012), Instantaneous Personal Magnetism, Galway Arts Centre, Galway, IRL (2010), King Rat, The Project Arts Centre, Dublin; IRL (2010), Coalesce: Happenstance, Smart, Amsterdam NL (2009). What you see is where you're at, Scottish National Gallery of Modern Art, Edinburgh, GB (2009), Fragile, Fields of Empathy, The Daejeon Museum of Art, Südkorea (2009), If I Can’t Dance, I Don’t Want to Be Part of Your Revolution, De Appel, Amsterdam, NL (2006), Ireland at Venice, 51st Venice Biennale, Venedig, ITA (2005).

kommende Ausstellungen: Einzelausstellung in der Douglas Hyde Gallery 1, Dublin, IRL (2017), Grazer Kunstverein, AUT (2017) and the San Antonio Museum of Art, USA (2018).