"Erzhagenerz Erzvonerz Erztronjerz“ Liebt Nur Den Gesichtsausdruck „Kunst“, Voom. (Erztrüffelschweinchen „Schlau“ Gefällt Nur Der Kunst, Basta) Kunst Ungleich Extremsport...

Das Werk von Jonathan Meese gleicht einer Bühne. Auf dieser Bühne lässt er
hemmungslos und ungebremst die Puppen tanzen: in immer neuen Rollen, neuen
Kostümen und neuer Dramaturgie. Meese ist nicht nur ein ausgezeichneter Performer,
sondern ein ebenso hervorragender Zeichner, Maler, Bildhauer, Autor und Bühnenbildner.
Scheinbar mühelos hat er in allen Gattungen eine eigenständige und zugleich
unverwechselbare, Sprache entwickelt, die seinem Werk eine Vielfalt, bildnerische Kraft
und Qualität verleiht, wie es sie laut Robert Fleck seit Picasso nicht mehr gegeben hat.
Gemein ist all seinen Arbeiten ein zum Grotesken geneigter Humor sowie ein kraftvoller,
originärer Gestaltungswille. Beide sind getrieben und getragen vom Streben nach der
Herrschaft der Kunst, die er 2006 erstmals als "Diktatur der Kunst" bezeichnet hat und
seither postuliert.' Gemeint ist die Entwicklung einer neuen Weltordnung, in der die Kunst
die gesetzgebende Kraft und das freie Spiel die Basis allen Lebens und Schaffens sind.
Dieser utopische Ansatz zieht sich wie ein roter Faden durch alle Arbeiten und vereint die
einzelnen Teile des Werks zum Gesamtkunstwerk Jonathan Meese. Kunst selbst ist Utopie,
also ein Un-Ort, der unserer gesellschaftlichen Realität diametral gegenüber steht. Und oft
geht er dabei genauso wild zur Sache wie bei seinen Performances. Meese macht seine
Leinwände zu Bühnen, auf denen sich allerlei Personal zum gemeinsamen Spiel
versammelt: Marschierende, häufig mit erigierten Geschlechtsteilen bewaffnete Soldaten,
wilde Tiere auf Schmusekurs, lüstern-süße Lolitas oder amorphe Herrscher, deren Macht
allein im Rahmen dieser Bilder und ihrer bildnerischen Qualitäten liegt, kehren immer
wieder. Mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit verteilt er Figuren und Gegenstände
spontan und ohne jede Vorzeichnung selbst auf größten Leinwänden. Er vereint diese
Gegensätze zu einem spannungsvollen Ganzen, das nur eine Richtung kennt: vorwärts.
Das zeigt sich sowohl im energiegeladenen schnellen Gestus als auch in der Setzung der
Figuren am vordersten Bildrand. Die Palette hat sich, ganz im Sinne der visuellen Attacke,
von seiner früheren Vorliebe für gedeckte Töne zu den Signalfarben hin geöffnet.
Leuchtendes Gelb, Blau, Orange, Grün und Rot sind an die Stelle von Schwarz, Braun oder
Beige getreten und dominieren die neuen Kompositionen. Formal bleibt Meese seinen
Motiven treu: Das Selbstporträt, das Herrscherporträt und das mehrfigurige Historienbild
sind jetzt jedoch viel freier aufgefasst. Diese Malerei ist nie Abbild realer Verhältnisse,
sondern immer ihr Gegenbild. Meeses Bilder sind nicht selbstreferentiell, sondern vielmehr "weltanschauliche Thesenbilder" oder, in seinen eigenen Worten, Propagandamaterial für
die "Diktatur der Kunst". Das Bild verbindet sich bei ihm in der Regel mit Wörtern oder mit
einem kurzen Text zu einem dichten Netz von formalen und inhaltlichen Informationen und
verleiht ihm emblematischen Charakter.
"Kunst ist totales Spiel". Aus diesem Prinzip heraus zerlegt, ornamentalisiert und karikiert er
alle Formen, Worte und Symbole und entzieht ihnen damit ihre ursprüngliche semantische
Bedeutung, in dem Wissen, dass ein Symbol nur solange ideologische Macht besitzt,
solange es in seinem spezifisch-historischen Kontext gelesen wird. Diese Haltung
provoziert und wird auch deshalb oft als unzulässig kritisiert. Genau darin offenbart sich das
grundsätzliche Missverständnis im Umgang mit dieser künstlerischen Position: Meese geht
es nicht um Provokation. In der Bezugnahme auf die Tabus unserer Gesellschaft liegt die
Essenz seines Strebens nach Utopie, denn das Tabu bezeichnet das Unverletzliche und
Unantastbare, für Meese ist es ein Synonym für Kunst. |