Angelika Krinzinger hat es wieder getan. Spuren gesucht. Und gefunden.
Dieses Mal im Wald. Sagt sie. Beweise hat sie dafür keine. Betrachtet man ihre neue Serie WOO DNOTE S, geht
man so richtig nahe an die Bilder heran, kann es passieren, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.
Wenn es denn überhaupt Bäume sind.
Ist dieses eine Bild dort nicht die Makro-Aufnahme eines Gebirgszugs aus Schokoladeneis auf dem sich zäh ein
Gletscher aus Zitroneneis windet, flankiert von einem Hauch Pistazienstaub, der die ausgefranste Baumgrenze
dieser süßen Topografie markiert.
Und dort, zeigt diese Aufnahme nicht die Stirn eines, in unzählige Jahre gekommenen Elefanten, der müde vom
lauten Treiben im indischen Volksfest sein Auge schließt? Anlässlich des besonderen Tages wurde der alte Riese
in weiße und rote Farbe getüncht. Dieses Barbie-rosa, da auf dem nächsten Bild: Von unzähligen unregelmäßigen
Schindelchen blättert es ab Ist es das Kleid eines tausendjährigen Fischwesens aus unerforschten Tiefen, der
ausgerechnet in Angelika Krinzingers Kamera lugt. Oder handelt es sich doch um die Aufnahme einer Zelle, wie
sie noch kein Wissenschafter unter sein Mikroskop bekam?
Und wo mag sich der Ort befinden an dem die Fotografin diesen verwitterten Steinboden ablichtete? Über die
ungleichen Platten zieht sich eine Blutspur. Sie sieht aus, als sei sie von einem chinesischen Meisterkalligrafen
mit dem Pinsel gezogen worden. Wohin führt sie? Zu einem Mord? Vielleicht in den Wald? In den Wald, von dem
Angelika Krinzinger behauptet, sie habe darin Wegzeichen auf Bäumen fotografiert, Grundstücksbegrenzungen
oder Markierungen der Forstbehörde, die für den betreffenden Baum das Todesurteil bedeuten könnten. Was
auch immer man sehen mag, diese Arbeiten zeigen auch Malerei. Anonyme Malerei, die unsigniert Zeichen gibt
und Entscheidungen fordert, wie es das Leben tut: Weitergehen, abbiegen, stehen bleiben, umdrehen, auf den
Auslöser drücken. Oder eben nicht. Angelika Krinzinger zeigt mit ihren WOO DNOTE S einmal mehr wie tiefgründig
Oberflächen sein können. Sie hat Spuren gefunden. Ja. Wohin sie führen, bleibt dem Betrachter überlassen. Und
das ist gut so. – Michael G. Hausenblas
In den Galerieräumen im Erdgeschoß wo Jonathan Meese vergangenes Jahr seinen neuen Zeichnungszyklus
vorgestellt hat, sind dieses Jahr Arbeiten aus einer neuen Serie von Angelika Krinzinger zu sehen: Woodnotes.
Die Serie, aus der auch zwei Werke im Rahmen von Gritta Insams Store Front Project zu sehen sind, besteht aus
Fotografien von Markierungen auf Bäumen.
Bäume werden aus unterschiedlichen Gründen markiert. Einerseits um Stellen zu kennzeichnen, etwa um
Grundstücke abzugrenzen oder Wege anzuzeigen, andererseits um die Bäume selbst zu markieren, etwa um
Schädlingsbefall oder eine Freigabe zur Fällung zu signalisieren. Gemeinsam ist den Markierungen jedenfalls,
dass sie dazu da sind um Ordnung zu schaffen, Übersichtlichkeit, wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht
mehr sieht. Sie bringen also Struktur in die Natur, machen sie nutzbar.
Die Fotografien selbst zeigen die rauhe Oberflächen der Bäume die mit Farbe überzogen sind. Es sind Ausschnitte
gewählt, die die Flächigkeit einer Leinwand suggerieren, dies aber durch die Tiefenunschärfe an den Rändern
der Fotografie und in der Rinde wieder brechen. Das L‘art pour l‘art der Malerei wird hier konterkariert durch die
Funktionalität der Markierungen, die erst durch den Filter der Fotografie ins Zwielicht der Abstraktion gezogen
werden. Der künstlerische Duktus eines charakteristischen Strichs verschwindet hier zugunsten der Geste des
Markierens, die widerum als Verweis auf die Einflußnahme des Menschen so für sich stehen bleibt.
Ein auch diese neuen Arbeiten umfassender Katalog zum Werk von Angelika Krinzinger wird im Herbst 2008
erscheinen. Im Mai 2009 werden Krinzingers Arbeiten zum ersten Mal in Spanien, in der Galerie distrito cu4tro
Madrid ausgestellt werden.
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Angelika Krinzinger
Woodnotes
2008
C-Print / Aluminium
90 x 130 cm |
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