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Klettergerüste, Schaukeln, Wippen, Häuschen: All das findet man auf einem Spielplatz – und auch in der
neuen Ausstellung von Christian Schwarzwald. Ebenso die Protagonisten des Spielplatzes findet man in
der Schau in Form von Portraits. Nur hüpfen die nicht herum, sondern das Auge des Betrachters.
Schwarzwalds Zeichnungskonstruktionen bedienen sich nämlich nicht nur einer Form der Perspektive
und irritieren das Auge dadurch. Parallelen sind tatsächlich parallel und gleichzeitig andere Geraden perspektivisch
dargestellt. Perspektive an sich ist die Umsetzung einer räumlichen Illusion auf einer zweidimensionalen
Fläche. Eine räumliche Illusion schafft Schwarzwald, aber keine, die unsere Augen so
gewohnt sind. Man könnte von einer Bedeutungsperspektive sprechen, die der Künstler in seiner Zeichnungsinstallation
einsetzt – Bedeutungsperspektive im Sinne einer Perspektive, die illusionistische Mittel
reduziert um Inhaltliches zu vermitteln.
Bei Schwarzwald aber sind die gezeichneten Objekte in ihrer Dimension gleich groß wie die realen Vorbilder
und da alle im Maßstab 1:1 sind, stimmen auch die Proportionen zueinander (im Gegensatz zur Verwendung
der Bedeutungsperspektive im Mittelalter). Auch die räumlichen Bezüge stimmen, nur die perspektivischen
Verzerrungen erscheinen eigentümlich. Die einzelnen Elemente, aus denen die Konstruktionen
bestehen, verjüngen sich teilweise nicht mit der Entfernung – eine Gerade bleibt eine Gerade, ein Strich.
Der Strich ist das grundlegende Element der Zeichnung und Schwarzwald verwendet ihn hier sowohl als
Konstruktionselement wie auch als Zeichen für sich. Während er einerseits eine räumliche Illusion schafft,
verweist er andererseits auf die Zweidimensionalität der Zeichnung, auf ihre Konstruiertheit als Summe von
Strichen. Er fängt den Blick des Betrachters, nimmt ihn in einen Schwitzkasten zwischen Linie und Körper,
zwischen perspektivischer und schematischer Abbildung, und entwickelt eine Bedeutungsperspektive,
die zwischen dem Abgebildeten und dem Abbilden an sich vermittelt.
Wo der Künstler im Kleinen Striche aneinandersetzt um Dreidimensionalität zu simulieren, arrangiert er im
Großen einzelne Zeichnungen zu Installationen. Die Installationshaftigkeit seiner Ausstellung wird durch
den Maßstab verstärkt. Die Zeichnungen treten durch ihre Größe und Platzierung in eine Beziehung zum
Körper des Betrachters, die Illusion einer Funktionalität wird verstärkt. Eine weitere Verstärkung der Räumlichkeit
wird erreicht durch ein Davor und Dahinter, das Schwarzwald suggerriert, wenn er Zeichnungen
über andere Zeichnungen hängt.
Ein Aneinandersetzen von Bausteinen also, das der Künstler hier betreibt – ein Spiel. Als »eine freiwillige
Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig
angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und
begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als
das ‚gewöhnliche Leben‘,« definiert Johan Huizinga in Homo Ludens das Spiel. Für Schwarzwald hat das
Spiel auch Regeln, die durch die Mittel der Zeichnung und durch den Raum begrenzt werden. Spiel ist bei
ihm eine Parallelimitation, eine Simulation von Welt, eine Versuchsanordnung, die der Betrachter genauso
dual sehen kann wie die Inhalte der Schau: als Begrifflichkeit oder als Aufforderung zu spielen.
Christian Schwarzwald, geboren 1971 in Salzburg, lebt und arbeitet in Berlin. Er ist Zeichner und verhandelt
sein vorwiegendes Medium im Raum, in Installationen, die er mit seinen Zeichnungen bildet.
Zu sehen waren Einzelausstellungen u. a. bei: Derek Eller Gallery, New York (A Bird in the Hand, 2007 /
Antechamber, 2004), Nina Menocal Gallery, Mexico City (Golden Cage, 2007), Galerie Eva Winkeler,
Frankfurt (R wie Räuber, 2005), Strabag Kunstforum, Wien (Die Stummen, die Tauben, die Blinden, 2005),
Galerie Krinzinger, Wien (Nachbarn, 2005 / Halbe Höhe, 2003 / Geisterbahn, 2000). |
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