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EMESE BENCZÚR

  KNOLL GALERIE WIEN
  16.01. - 31.03. 2001

 

Eröffnung: Dienstag, 16.Januar 2001, 18.00 Uhr


Dóra Hegyi über Emese Benczúr:

In der Arbeit "Should I live to be a hundred. Day by Day I think about the future 1998-2069" (1998) bestickte Emese Benczúr endlose Bänder für Kleideretiketten mit dem Schriftzug "day by day". Sie registriert über diesen Weg ihre täglichen meditativen Minuten, die sie, wenn möglich, allein mit ihrer Arbeit verbringt. Das Kunstwerks entsteht durch eine traditionelle Frauenarbeit, die Stickerei. In der Wiederholung des immer gleichen Arbeitsvorganges geht es der Künstlerin aber weniger um die Repräsentation der mechanischen Serienproduktion, als um das Hervorheben jedes einzelnen Tages in seiner Einzigartigkeit. In jener Zeit, die sie mit Sticken verbringt, entsteht das Kunstwerk und gleichzeitig wird der kreative künstlerische Prozess reflektiert.

1994 stickt sie täglich während drei Wochen den Satz "It must be great to have so much free time" in eine Leinwand. Ihre Überlegung dabei war, wie wunderbar es sein müßte ein Leben voller Frei- statt Arbeitszeit zu leben. Während sie stickt nimmt sie wahr wie die Zeit vergeht, genau jene Zeit, die sie mit Arbeit füllt.

Emese Benczúr beschäftigt auch der Gedanke wie ihre Arbeit innerhalb des Kunstdiskurses, ebenso wie gesellschaftlich beurteilt wird. Da Künstler Arbeit leisten, ohne an einen spezifischen Zeitrahmen gebunden zu sein, entsteht für viele Menschen der Eindruck, als würde ihr Tag ausschließlich aus Freizeit bestehen. Demnach leisten Künstler, gesellschaftlich betrachtet, keine sinnvolle und produktive Arbeit. Das Paradoxe Verhältnis zwischen "Leben" und "Arbeit" im Kunstbereich beruht darauf, daß beide nicht voneinander zu trennen sind. Das Sticken ist traditionell eine Tätigkeit, um Zeit tot zu schlagen - in Benczúrs Fall dient es dazu ihre Arbeit sichtbar werden zu lassen.

Ein weiterer interessanter Aspekt Emese Benczúrs Arbeiten ist, daß Dinge, die wertlos und banal erscheinen, für sie als Ausgangspunkt für eine sinnvolle Tätigkeit dienen. Eine Zitronenschale, die normalerweise weggeworfen würde, wird als von ihr verwendetes Objekt genau zu einem solchen Ausgangspunkt. In "The consumption and production of a week. The fruit of my labour" (1996) bestickte sie die Schalen einer Zitrone, welche sie täglich während einer Woche konsumiert hatte, mit den Worten "the fruit of my labour". Das Wortspiel bezieht sich auf den Umstand, daß durch den Kunst-eingriff plötzlich der Wert der Zitronenschale erheblich steigt. Der Begriff der "Arbeit" wird dadurch von Benczúr, die mühsame Arbeit (das Ausquetschen einer Zitrone) dient ausgerechnet der Erfrischung, ad absurdum geführt.

Hinter dieser Ironie verbirgt sich sicherlich auch die Frage der Künstlerin, ob sie je die Früchte ihrer Arbeit selbst ernten können wird.

Zitate aus: Moderna Museet Projekt Emese Benczúr. Moderna Museet Stockholm 1998

Übersetzung Eng/Deu: Sabine Jelinek

© Moderna Museet und die Autorin.

Dank an Dóra Hegyi.