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Willi Siber

B.A.R.O.C.K.- Zauber und Illusion

 Galerie Ulrike Hrobsky
 13.09. - 19.10.2019

Eröffnung: Donnerstag, 12. September 2019, 19.00 - 21.00
Zur Ausstellung sprechen: Willi Siber mit Ulrike Jakob


 
1949 geboren in Eberhardzell (Biberach/Riß), betreibt seit 1979 Ateliers in Eberhardzell-Dietenwengen und Reutlingen
1970-76 Studium der Kunstwissenschaften und parallel Meisterschüler bei Prof. H. Baumann -
Staatliche Akademie der bildenden Künste Stuttgart
1999 – dato, Werkplatz für Großskulptur in Gudo/Tessin (CH)
Mitglied im Baden-Württembergischen und im Deutschen Künstlerbund

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Fotocredits:Raumansicht Villa Rot

Willi Siber arbeitet als Maler, Zeichner, Bildhauer und Objektkünstler. Er begann bereits in den 80er Jahren seine technisch-formalen Holzbildhauereien konsequent zu erweitern, um durch „Freies Tun“ eine Auflösung zwischen illusionistischem Bildraum und Wirklichkeit, sowie durch Herausbilden einer „dissimulativen Zwielichtigkeit“ (H. Köhler), als sein Kennzeichen zu statuieren.

Willi Sibers Kunst lässt sich keiner Stilrichtung zuordnen und ist auch nicht über die Materialauswahl zu fassen. Selbstbewusst und souverän erscheinen seine Werke, denn sie greifen den Raum und ihre Umgebung und definieren beides dennoch mit einer subtilen Leichtigkeit die dem Betrachter Freude bereitet. Willi Siber hinterfragt die ästhetisch-sinnliche Wirkung der von ihm verwendeten Materialien stets aufs Neue, kombiniert diese und verfremdet, überhöht und verzaubert mit dem Material. Souverän setzt er sich über dessen eigentliche Beschaffenheit hinweg, ignoriert die Grenze von Dimension und physikalischer als auch praktischer Definitionen.

Dabei wendete er sich schon früh vom Vollholzgebilde ab und baut vielmehr um einen leeren Kern amöbenkissen- und rohrartige Holzhüllen, deren Oberfläche er mithilfe von dicht aufgeleimten winzigen Holzpflöcken hervorhebt, die autonomen Anschauungswert erhalten und zu Oberflächenfiguren werden.

So nimmt er den Betrachter aktiv in das Kunstschaffen hinein und spielt mit seinem visuellen und haptischen Verlangen, gibt durch die evozierte Lust des Berührens, des Spürens, dem von virtueller Realität eingefangenen Betrachter etwas an Lebendigkeit und tatsächlichem Vorhandensein zurück.

Anfang der 2000-er erweitert er sein Oeuvre unter dem Motto „Farbe fassen“, er schafft Bilder, vielmehr Objekte, in einer Mischung aus Pigmenten, Pulvern, Emulsionen, Öl- und Druckfarbe, Lacken und Latex, die er auf Sandpapier, Teerpappe, Stoff, PVC, Eisenbleche und unterschiedliche Hölzer aufbringt.

In der Folge reduziert er den Materialeinsatz auf Harze, welche er in unzähligen Arbeitsschritten, die zeitlich präzise aufeinander abgestimmt werden, als Wandobjekte in z.B. gegossenem Epoxidharz, entstehen lässt. Das Ergebnis offenbart Leichtigkeit, Glanz und Verspieltheit bei aller Finesse in Farbgebung, Komposition und Konstruktion wiewohl diese auf intensiver Materialforschung fußen und diese Prozesse keinem Werk anzusehen sind. So auch im Epoxid-Atelier:

Es entstehen seine Bildobjekte aus Epoxidharz, Nägeln, Karton, Holz und PIR-Platten. Wahrlich meisterlich, wie die zarten Farbwolken aus pigmentiertem Epoxidharz geformt, auf einem fein verästelten Nagel- Relief zu schweben scheinen und scheinbar zufällig geschlossene Flächen in filigrane Strukturen übergehen. So stehen opak schimmernde Farben vor pudrig aufgetragenen, Licht absorbierenden, Farben quasi frei im Raum.

Doch es wäre nicht er, wenn nicht bald die ästhetisch-sinnliche Wirkung der von ihm verwendeten Materialien nicht nur in ihren Kombinationen und den Möglichkeiten der Verfremdbarkeit neuerlich hinterfragte. So wird von ihm bald mit Metall und Lack in Form von luftig anmutenden amorphen Objekten experimentiert, und dazu auch eine eigene Metallwerkstatt eingerichtet.

Willi Sibers Stahlobjekte strahlen im Glanz der Perfektion – zusammengeschweißt, die Nähte aufwendig verschliffen und in fünf Schichten mit einem Speziallack überzogen – hüten sie das technische Geheimnis der Herstellung und ziehen die Betrachterin in seinen Bann: man will sie berühren, von allen Seiten betrachten und ihrem Farbspiel im Licht lauschen als ob sie eine Geschichte erzählten. Die reduzierten Objekte werden mit Durchbrüchen, Schichtungen und Hohlräumen in einen spannungsreichen Dialog gesetzt. Dass Formoffenheit, einem Oszillieren zwischen Formverlust und Formerhalt, dem Gestischen und der Farbe dabei allergrößte Bedeutung zuerkannt wird, zwingt sich dem Betrachter förmlich auf.

Jedoch dürfen diese freien und spielerischen Komponenten im Werk des Künstlers uns nicht zu dem Schluss verleiten, dass reine Spontanität den Kreativprozess leitet. Denn immer verschmilzt dieser freie und intuitive Gestus bei ihm mit einer konkreten und kalkulierten Konstruktion, die sich davon klar abheben möchte und als Kunstwerk verstanden sein will.

Jeglicher Inszenierung zum Trotz kann und möchte Willi Siber sowohl das handwerkliche Moment als auch die klare Konstruktion in seiner Arbeit nicht verleugnen, gerade dann, wenn er sich über die eigentliche Beschaffenheit der verwendeten Materialien hinwegsetzen und die Grenze von Dimension und physikalischer als auch praktischer Definitionen ignorieren kann.

Neue Experimente, neue Möglichkeiten, neue künstlerische Wege – auf dem Fundament seiner langen künstlerischen Arbeit lassen Willi Siber mit den Jahren immer freier und jünger erscheinen.