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Die österreichische Künstlerin Maria Temnitschka hat sich bereits 2007/2008 in ihrer Gemäldeserie „Rost“ mit verfallender Industriearchitektur beschäftigt. Danach standen Randzonen der Stadt, Brücken und Betongebäude im Zentrum ihres Interesses. Nun kehrt die Malerin zu ihrem – wie sie selber meint – „Lebensthema“ zurück: ruinöse Architektur.
Es sind nicht, wie in „Rost“ ausschließlich industrielle Gebäude, so findet der Betrachter auch Schauplätze wie die, nach dem Brand von 2001 mittlerweile völlig desolaten, Sophiensäle oder die Zuschauertribünen und Wettbüros in der Wiener Krieau. Was all diesen Gebäuden, die Maria Temnitschka genauestens erforscht, gemeinsam ist, ist die intensive Nutzung, die mehr oder weniger lange vorüber, aber nach wie vor spürbar ist. In diesen Räumen vermeint man noch den Nachhall stampfender Maschinen zu hören, man kann sich das Menschengedränge bei den sonntäglichen Pferdewettrennen in der Krieau oder die herausgeputzte Abendgesellschaft in den Sophiensälen vorstellen.
Von diesen, ihren Bestimmungen, legen diese Architekturen Zeugnis ab, eine Lebensbeichte mit schwächer werdender Stimme. Ihrer Funktion entrissen, treten diese Gebäude aus dem getakteten Zeitgefüge aus und gehen in einen unbestimmten Wartezustand über, dessen Ende doch bestimmt ist. In diesen Räumen manifestiert sich Zeit in all ihrer Relativität, der Stillstand ist ein trügerischer. Der Verfall des Materials mag anderen chronologischen Gesetzen unterliegen, doch er schreitet
unaufhörlich voran.
Maria Temnitschka sucht „ihre Objekte“ nach Möglichkeit mehrmals auf, registriert kleinste Veränderungen und dokumentiert sie. Da findet sich einmal ein neues Graffiti der allgegenwärtigen Sprayer, eine bunte Lebensbotschaft, dort wieder eine eingeschlagene Fensterscheibe mehr, eine weitere Schicht Taubendreck oder eine abmontierte Metallverstrebung.
Lebenszeichen im Prozess des langsamen Dahinsterbens, registriert ohne Bitterkeit oder Depressivität.
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