Willi Siber
Geboren 1949 in Eberhardzell (D), 1970-74 Universität Stuttgart, Studium der Kunstwissenschaften –
Staatsexamen, 1970-76 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Fachklasse Bildhauerei
bei Prof. Baumann - Staatsexamen.
Zahlreiche Publikationen/Ausstellungen und internationale Messebeteiligungen
Willi Siber ist Maler und Zeichner, Bildhauer und Objektkünstler. Die Farbe - Pigment und
Bindemittel in jeglicher Form – ist für ihn unumgänglicher Gegenstand, ist Voraussetzung,
Mittel und Inhalt seines Tuns.
Die Farbe ist Rezept und Zutat für einen sinnenhaften Ausdruck. Immer stellt sie sich in den
Dienst der künstlerischen Erforschung von Wahrnehmungsphänomenen.
Heute stehen Malerei und Bildhauerei in seinem Werk gleichberechtigt nebeneinander.
Mehr noch: Malerei und Bildhauerei greifen ineinander über, beeinflussen sich gegenseitig
und finden in plastischen Wandobjekten und objekthaften Bildtafeln zu einer eigenwilligen
Synthese.
Willi Siber bedient sich völlig unterschiedlicher Mittel des Raumgriffs. Er nutzt Durchbrüche
und Aufsätze, Hohlräume und Vergitterungen. Immer aber geht er von einfachen,
regelmäßigen und in sich ruhenden Grundkörpern aus, die er in einen bewegten Dialog mit
organoiden Kleinformen treten lässt.
Willi Siber, der längst die Gattungsgrenzen in der Kunst gesprengt hat, wechselt immer
wieder die Straßenseite, was die aktuellen Werke bezeugen.
„…meine Arbeiten (sind) äußerst wandelbar“ sagt er dazu, und seine Leidenschaft gilt den
„Nebensachen der menschlichen Existenz“. Gemeint ist damit das povere Material, dem der
Künstler seine Aufmerksamkeit schenkt: Holzbruchstücke, Karton, Pellets, Stretchfolie,
Kunststoffe usw. Sie verbindet er mit der experimentellen Lust eines Feinschmeckers zu
immer neuen Findungen. Dabei sind die Formentwicklungen immer logisch und folgerichtig
aufeinander aufgebaut. Sie führen von den Klassikern aus Holz zu den Objekten in
ungewöhnlichem Materialmix, welche dieselben formalen Grundprinzipien und Formsysteme
aufweisen wie die Skulpturen der vergangenen Jahre. Und: das eine schließt das andere
nicht aus.
Neu ist die Reihe der „cuts“, die seit 2010 entstehen. Es handelt sich dabei um
Kartonschnitte auf Holz. Angeregt von einer Ausstellung mit klassischen Scherenschnitten
arbeitet Siber mit dem Cutter aus dem Karton überwiegend elipsoide Ovalformen, aber auch
konstruktive Formen heraus, die auf einen festen Untergrund montiert und dann mit Epoxy
bemalt werden. Der eigentliche Reliefcharakter der Oberfläche geht durch die vielen
Übermalungen verloren – doch sammelt sich die Farbe, je nachdem wie stark die Bildfläche
beim Bemalen gekippt wird, an bestimmten Stellen an. Das An- und Abschwellen der
Farbwerte erzeugt eine dreidimensionale Licht-/Schattenwirkung. Und eigentlich hat der
Künstler am Ende von der dritten Dimension in die zweite gearbeitet – erzeugt aber im
Ergebnis wieder eine verblüffende räumliche Wirkung. Ebenfalls neu ist die Serie der
„boxes“, die sich aus Arbeiten der 90er-Jahre wie den „Klötzen“ oder Schlauchobjekten“
ableiten lässt. Die „boxes“ wirken edel und geheimnisvoll. Sie sind bar jeder Funktionalität –
kleine Kostbarkeiten aus banalen Pappkartonschachteln, die mit Epoxy vielfach übermalt,
von Vorgefundenem und Neuerfundenem erzählen. Es sind umgebaute Päckchen, die beim
genauen Hinsehen durchaus ihre Herkunft verraten. Innen und außen treten in ein
beziehungsreiches Spiel. Linienverläufe von Vorhandenem werden aufgenommen, Bezüge
mit grafischen Setzungen unter Schichten von Farbe geschaffen, malerische Effekte erzielt –
so entsteht eine eigene Form, jenseits ihrer ursprünglichen Bedeutung.
Hier ist es wieder Sibers Streben nach dem autonomen Kunstwerke, das für sich selbst
steht.
(Auszug; Dr. Sabine Heilig, 2011) |
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