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Daniel Spoerri

"Der Zufall als Meister"


 GALERIE 422
 06.09. - 12.10.03

 

Ausstellungseröffnung: am Samstag, den 6. September 2003, um 19.30 Uhr
Zur Eröffnung spricht Prof. Wieland Schmied



1930 in Galati, Rumänien, geboren, flüchtete der zwölfjährige Daniel mit seiner Familie 1942 vor den Nationalsozialisten nach Zürich, wo er bis 1951 lebte. Dort kam es zur bedeutsamen Bekanntschaft mit Max Pfister-Terpis, der für Spoerri zum richtungsweisenden geistigen Inspirator werden sollte. Er war es auch, der Spoerri 1951 zur Weiterbildung nach Paris schickte. Dort entwickelte Spoerri gemeinsam mit Jean Tinguely das "Farbenballett". 1954 ging der Künstler nach Bern, um Solotänzer im Ballett des dortigen Stadttheaters zu werden. Bald inszenierte er auch Theaterstücke, so z. B. Eugène Ionescos "Kahle Sängerin". Seine Bekanntheit verdankt Spoerri allerdings den sogenannten "Fallenbildern", die ab 1960 entstanden. Dabei werden (scheinbar) zufällig auf einer Fläche (z.B. auf einem Tisch) verteilte Objekte (Geschirr, Gläser, Zigaretten) von Spoerri auf die Platte geklebt und dann als Tafelbild an die Wand gehängt. Später ging er dazu über, festliche Gelage mit Freunden auf diese Weise festzuhalten und zu dokumentieren. In seinen "Fallenbildern", die er bis heute immer wieder variiert und weiterentwickelt hat, zeigt sich der Widerspruch zwischen Fixierung und Bewegung: "Die Gabeln, Messer und Löffel, aufgeklebt, in ihrem natürlichen Bewegungsablauf unterbrochen, beschwören die Bewegung umso mehr, (...) in dem der Prozeß unterbrochen, angehalten, gestoppt wird" (H. E. Violand-Hobi). Performances gehören ebenso zum vielfältigen Oeuvre von Daniel Spoerri wie Koch-Happenings, Skulpturen und Objektassemblagen. Auch als Gartenkünstler betätigt sich Daniel Spoerri: im Garten seines Landsitzes in der Toscana stehen monumentale Skulpturen und Assemblagen aus Stein, Bronze und Holz.

Quelle: H.E. Violand-Hobi, Daniel Spoerri (München, London, New York 1998).

Biografie:
   
1930 27. März: Daniel Isaac Feinstein (später Spoerri) wird in Galati/Rumänien als Sohn des zum Protestantismus konvertierten Juden Isaac Feinstein geboren. Sein Vater kommt 1941 in einem nationalsozialistischen Vernichtungslager ums Leben. Die Familie flieht in die Schweiz, die Heimat der Mutter.
1953/54 Spoerri nimmt eine Stelle als Baletttänzer an der Berner Oper an. Anschließend versucht er sich in Bern auch als Regisseur kürzerer Experimentalfilme.
seit 1959 Spoerri zieht nach Paris und trifft dort die Künstler Jean Tinguely (1925-1992), Arman (geb. 1928), Francis Dufrene und Yves Klein (1928-1962). Sein Interesse für die bildende Kunst wird durch die Zusammenarbeit mit Tinguely geweckt. Anschließend entwickelt Spoerri eine eigenständige Objetkkunst.
Seit den 60er Jahren macht sich Spoerri mit den sogenannten Fallenbildern einen Namen. Wie in einer "Falle" soll ein Stück Alltagswirklichkeit eingefangen werden. Er fixiert und konserviert zufällig vorgefundene Anordnungen von Gegenständen des Alltags als Kunstwerke. Später umschreibt er diese Objekte als "Topographien des Zufalls".
1960 27. Oktober: Zusammen mit den Künstlern Jean Tinguely, Arman, Francis Dufrene, Raymond Hains, Yves Klein, Pierre Restany, Villeglé und Martial Raysse begründet Spoerri die "Neuen Realisten" in Paris. Sie wollen sich absetzen einerseits von "der in Paris dominierenden informellen Malerei mit ihrem Subjektivismus" und andererseits von "der in Amerika aufkommenden Popart".
Austellung seines Fallenbildes "Das Frühstück des Kichka I" im Museum of Modern Art, New York.
1961 Spoerri entwickelt die sogenannten Ent-Täuschungsbilder: zweidimensionale, in realistischer Manier gemalte Bilder, die durch das Aufkleben oder Anmontieren von Objekten eine dritte Dimension erhalten. In Mailand wird sein Ent-Täschungsbild "Die Dusche" ausgestellt.
1961 - 1964 Im Kunstmuseum Düsseldorf wird das Fallenbild "Der Stuhl von Marcelle" ausgestellt.
1966 Spoerri zieht sich für ein Jahr auf die kleine griechische Insel Symi zurück. Während dieses Aufenthalts entstehen die 25 Objekte der sogenannten Zimtzauber-Episode. Es handelt sich dabei um abgelegte Gebrauchsgegenstände, die in der Komposition mythisch überhöht werden und Fetischcharakter gewinnen.
1966/67 Im Museum Morsbroich in Leverkusen werden die Zimtzauber-Konserven "Magische Objekte mit einer Nuß" ausgestellt.
1968 Veröffentlichung der Schrift "Anekdoten zu einer Topographie des Zufalls".
1968 - 1972 Spoerri betreibt in der Altstadt von Düsseldorf das "Restaurant Spoerri" und die "Eat-Art-Gallery". Die Eat-Art besteht aus Resten von beendeten oder abgebrochenen Mahlzeiten, die im Sinne der "Fallenbilder" zu Momentaufnahmen eingefroren und anschließend mit Leim und Konservierungsstoffen fixiert werden.
1971 Ausstellung der Montage "Die Gefahr der Vervielfältigkeit" im Fondazione MudiMa, Mailand.
1978 - 1982 Hochschullehrer für Kunst in Köln.
1979 Spoerri initiiert das "Musée Sentimental" in Köln, das als Vorbild für einen neuen Ausstellungstypus Schule macht. Dort wird der Versuch unternommen, die Geschichte einer Stadt mit Hilfe von Relikten aus dem Alltagsleben zu erzählen.
1980 Veröffentlichung einer mythologischen Untersuchung über "Heilrituale an bretonischen Quellen".
1983 - 1989 Professor an der Akademie der bildenden Künste München.
1985 In der Galerie Andy Illien in Zürich wird das Ent-Täuschungsbild "Hautkrankheiten" ausgestellt.
1985 - 1989 Veröffentlichung von Kochbüchern unter dem Titel "100 Kochrezepte".
1987/88 Ausstellung des Ent-Täuschungsbildes "Das Ballett der deutschen Schäferhunde" in der Galerie Beaubourg, Paris.
1990 März: Eröffnung einer Wanderausstellung mit circa 120 Arbeiten aus Spoerris bisherigen Werk im Centre Pompidou in Paris.
1995 Das Deutsche Brotmuseum in Ulm stellt 22 Tische von Spoerri mit dem Titel "Sevilla-Tische: eaten by" aus.
1998

Der Kunstverein Kassel zeigt eine Installation Spoerris mit 26 großformatigen Arbeiten aus dem Zyklus "Karneval der Tiere".