Henri Michaux , 1899 in Namur, Belgien geboren und 1984 in Paris
gestorben, wo er seit 1924 lebte, gehört zu den wenigen Maler-Dichtern
des 20. Jahrhunderts, die sowohl in der Literatur wie in der bildenden
Kunst ein herausragendes und eigenständiges Werk geschaffen
haben. „Ich male wie ich schreibe“, sagte er 1959 von
sich selbst. Zeit seines Lebens liefen Wort-und Bildproduktion
parallel, auf der Suche nach der Sichtbarmachung der Innenwelt,
des „l‘éspace du dedans“. Mit taches und
alphabets, amorphe Flecken und abstrakte Schriftzeichen aus den
Jahren 1925-27, wurde er zum Pionier des Tachismus. 1954-1959 fanden
unter medizinischer Aufsicht seine Experimente mit der psychoaktiven
Substanz Meskalin statt. Sie dienten der Erforschung und Erweiterung
der Grenzen der Wahrnehmung und des Bewusstseins. D.h. Reorientierung,
die Erfahrung der Elastizität von Raum und Zeit sowie der
Uneindeutigkeit der Formen und Zeichen.
Francis Bacon über Henri Michaux:
(Interview für
die BBC, London. Aus dem Katalog der Kestner Gesellschaft 1972)
David Sylvester: Kürzlich haben Sie ein Bild gekauft,
das mehr oder weniger abstrakt ist, von Henri Michaux. Warum
haben
Sie es gekauft.?
Francis Bacon: Erstens halte ich es nicht für abstrakt. Ich
glaube, Michaux ist ein sehr, sehr intelligenter und bewußt
arbeitender Mann, der sich genau über die Situation, in der
er sich befand, im klaren war. Und ich glaube, daß er die
beste tachistische Malerei geliefert hat, die gemacht worden ist.
Ich glaube, daß er darin viel besser ist als Jackson Pollock.
David Sylvester: Können Sie begründen, wieso Sie das
Gefühl haben, Michaux sei besser?
Francis Bacon: Ich habe es, weil seine Arbeit sachlicher
ist. Sie suggeriert viel mehr. Weil letztlich dieses Bild - und
die
meisten
seiner Bilder - versucht, auf Umwege zu einer neuen Definition
des Menschenbildes zu gelangen durch eine Zeichensprache, die vollkommen
jenseits jeglicher Illustration liegt, die einen aber immer zurückführt
zur Darstellung von Menschen. Sie machen den Eindruck, als schleppten
sie sich vorwärts, trotteten mühsam dahin über tiefdurchfurchte
Felder oder etwas Ähnliches. Aber in jedem Fall zeigen die
Bilder solche Figuren, die sich bewegen, die stürzen usw.
Ausstellungen u.a. Biennale Venedig, Palais des Beaux-Arts/ Brüssel,
Kestner Gesellschaft/Hannover, Fondation Maeght/St.Paul-de-Vence,
Museum des 20. Jahrhunderts/Wien, Kulturhaus der Stadt Graz, Musée
National d´Art Moderne - Centre Pompidou/Paris, Guggenheim
Museum in New York , Seibu Museum/Tokio, Neue Galerie/Graz, Bibliothéque
nationale de France/Paris. |



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