An der Biennale in Venedig
2003 hat Milica Tomic die Fassade des Nationalpavillons des ehemaligen
Jugoslawien mit Blitzlichtern versehen und dadurch auch den, in
die Physis des Gebäude integrierten Schriftzug „Jugoslavia“, überschrieben.
Ihre Intervention thematisiert nachdrücklich Fragen der Repräsentation
eines Nationalstaates: die massive Inertie der Präsenz des
Staates mit all seinen Repräsentationsformen, die eine Art
von Unvergänglichkeit vermitteln sollen.
„Die Belgrader Medienkünstlerin Milica Tomic (*1960)
lässt
durch ihre Lichtinstalltion den Nationalen Pavillon - so der Titel
der Arbeit – in regelmäßigen Abständen im
gleißenden
Licht von 400 über die Fassade des Gebäudes verteilten
Blitzlichtern verschwinden. Die Einwirkung dieses Blitzes soll – so
das Konzept der Künstlerin – zum zeitweiligen Erblinden
des Auges des Betrachters, d.h. zu einer temporären Beschädigung
seines/ihres Sichtfeldes führen. Ziel dieser fast gewalttätigen
(„terroRealistischen“1) und teilweise auch schmerzhaften
optischen Intervention ist es, den Pavillon eines nicht mehr existierenden
Staates zu dematerialisieren und zum Verschwinden bringen. Die
expansive Qualität und die physische Gewalt des Lichtes entsprechen
dabei der Gewalt, die die Künstlerin dem Konzept des Nationalen
bzw. nationaler Identität unterstellt. Während jedoch
Tomics frühere Videoarbeit I am Milica Tomic (1998-9) alle Äußerungen
des Individuums (die Künstlerin wiederholt den Satz „I
am Milica Tomic“ in verschiedenen Sprachen) durch sich auf
dem Körper der Künstlerin einschreibende blutige Wunden
geahndet wurden, wendet Tomic im Nationalen Pavillon die Gewalt,
die im nationalen Diskurs verkörpert sieht, gegen die materielle
Form dieses Diskurses selbst – gegen die Architektur des
Nationalen Pavillons.“ Inke Arns: Pavillon „Jugoslavia“ (Serbien
und Montenegro): Über das (Aus-)Blenden nationaler Narrative
und das Kurzschließen der Kunstgeschichte. In: Kunstforum
(Bd. 166 August-Oktober 2003, S. 276 f)
„
The smartest works: Milica Tomic´s „National Pavillon“,
a grid of blinding flashbulbs that obliterates the facade of the
anachronistic Yugoslavian Pavilion, .....“ Kim Levin: „Unmitigated
Disaster“ at the 50th Venice Biennale. Power Vacuum. In Village
Voice (23. Juni 2003)
Die Ausstellung in der Charim Galerie nimmt Bezug auf diese Arbeit,
die Milica Tomic als Vertreterin der Republik Serbien und Montenegro,
im ehemaligen Nationalpavillon Jugoslawiens verwirklicht hat (unser
Dank hierfür nachmals an DIE ERSTE Bank für die großartige
Unterstützung). Einerseits erinnert eine Dokumentation an das
Venedig Projekt, Milica Tomic greift andererseits in unserer Ausstellung
Themen und Inhalte dieser Arbeit auf und gestaltet neue Bezüge.
Sie entwickelt eine Videoarbeit, für die sie Interviews mit
PartisanInnen aufgezeichnet hat. Subtil löst die Künstlerin
diese dokumentarische Situation wieder auf, indem sie die einzelnen
Aussagen in Sprechgesänge und Refrains formt, die aufeinander
Bezug nehmen. „On love, afterwards“, so der Titel des
Videos, ist ein Kunstwerk, ein neu geschaffenes Lied, das auf den
politischen Raum einwirken kann, weil es die individuelle aufbewahrten
Erfahrungen in ein kollektives Epos transformiert. Diese Arbeit ist Teil von Compiler //01, einem neuen DVD Magazin,
herausgegeben von Susann Wintsch, für welches Milica Tomic
das Konzept der Nullnummer entwickelt hat. Die Künstlerin
umschreibt ihr Konzept als Suche nach „unabhängigen
politischen Denkräumen in der zeitgenössischen Kunst
(im ehemaligen Jugoslawien)“. Es konzentriert sich auf Arbeiten,
deren AutorInnen national geprägte Systeme kritisieren und
nach anderen Möglichkeiten der (Co)-Existenz forschen. Das
DVD Magazine Compiler //01 wird Ende November in der Charim Galerie
erhältlich sein.
In einer weiteren Arbeit, die Milica Tomic im Rahmen dieser Ausstellung
zeigt, erfolgt eine Umdeutung des Schriftzuges „JUGOSLAVIA“.
Als plastische Ausformung über dem Eingang des Biennale Pavillons
ist diese Namensbezeichnung des ehemaligen Staatsgebildes ein mit
der Architektur verbundener Anspruch auf Dauer und Staatshoheit.
Milica Tomic wird in einer Performance Teile der Zwischenräume,
durch welche die einzelnen Buchstaben der historischen Staatsbezeichnung
ihre signifizierende Kontur erhalten, plastisch ausformen und mit
Blei ausgiessen. Die Hohlräume zwischen den Buchstaben verbleiben
als skulpturale Formen aus Blei. Die Performance finden im Laufe
des Eröffnungsabends, am Dienstag, den 30. September statt.
Unser besonderer Dank gilt der Erste Bank für die Unterstützung
des Beitrages von Milica Tomic an der Biennale in Venedig 2003
Not in Our Name
A statement of Conscience against war and repression, 2003:
...We say NOT IN OUR NAME. We refuse to be party to these wars and
we repudiate any inference that they are being waged in our name
or for our welfare. We extand a hand to those around the world suffering
form these policies; we will show our solidarity in word and deed.
 |
Milica Tomic
"
i am milica tomic" |
|
|