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Loys Egg

 


Galerie Ulysses
 18.05. - 25.06.2011

Vernissage am Dienstag, dem 17. April 2011 um 19 Uhr.


Die neuen Skulpturen von Loys Egg haben keinen Sockel. Auch wenn sie auf Podesten präsentiert werden, die Skulpturen sind sockellos. Sie brauchen keine Basis, keine Standfläche, können unterschiedliche Positionen einnehmen, das heißt, sie können stehen, liegen, in Seitenlage ruhen.

Die Windungen, Biegungen, Krümmungen, Drehungen des Eisendrahtes im Kern sind nun geschlossen, nicht wie in früheren Skulpturen als offene Schleifen, und bilden so ineinandergreifende Rosetten, fächerförmige Scheiben eines Raumes, des Quantenschaumes, eines Rotationsraumes ohne Zentrum.

Benvenuto Cellini fordert in einem Brief an Benedetto Varchi 1549, dass eine freistehende Figur acht Ansichtsseiten haben müsse: «Ich sage, dass die Bildhauerei unter allen Künsten des disegno die siebenmal größere ist, weil eine der Skulptur angehörende Statue acht Ansichten haben muss und alle müssen von gleicher Güte sein.»

Diese neuen Skulpturen haben eine Vielzahl an Positionsmöglichkeiten und Ansichten. Skulpturen in einem rotierenden Universum kennen kein Oben, kein Unten, kein Zentrum, keine Peripherie. Sie sind Spiegelbilder des Allraumes, eines mehrdimensionalen Raumes zur n-ten Potenz.

Loys Egg hat mit dreidimensionalen graphischen Zeichen im Raum, an der Wand operiert. Bewegliche, nomadische Zeichen als Skulpturen. Damit hat er sich in einer neuen Topographie bewegt. Nun erobert er den Graphenraum der Topologie, der mobil ist.

Diese Mobilität verwandelt die Skulptur, welche traditioneller Weise durch die Stabilität und Rigidität der Beziehungen ihrer Elemente gekennzeichnet ist, in ihr Gegenteil. Dachte man bisher bei Skulpturen an die schwer lastende Unveränderbarkeit von Stein und Marmor, so tauchte nun ein Skulpturenbegriff auf, der gegen die Gravitation gerichtet ist. Nicht mehr eine den Jahrhunderten trotzende Skulptur aus Stein, sondern Einschläge in die Materie wie Meteoriten, welche die Materie und die Schwerkraft, letztlich aber unseren Formbegriff herausfordern.

Der neue Raum ist ein Graphenraum.

Zwischen gerichteten Graphen und Zufallsgraphen sehen Sie mögliche Positionen hier und jetzt.
Peter Weibel, Wien im April 2011