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Gunter Damisch & Leiko Ikemura

  GALERIE THOMAN
 22.10. - 29.11.2006

Vernissage: am Samstag, dem 21. Oktober 2006, um 12.00 Uhr

 

 


Gunter Damisch

Farbe als Material und das Zurückdrängen der Komposition zugunsten einer Behandlung des Bildes als Objekt und Oberfläche kennzeichnen Mitte der 80er Jahre die Malerei von Brandl, Damisch, Danner, Scheibl und Zitko in Abgrenzung zum klassischen Malereikanon. Für Damischs künstlerische Entwicklung ist die Wechselbeziehung zwischen Malerei und Zeichnung, zwischen den Möglichkeiten der in mehreren Schichten pastos aufgetragenen Farbe und jenen der Linie als erzählerisches Element bedeutend. Sein vitaler Umgang mit der Farbe verbindet sich mit einer durchaus unorthodoxen, deutlich von der Zeichnung herkommenden Formentfaltung.

"Mit der Entzerrung des Farbkonglomerates seiner Bilder der achtziger Jahre gewinnt Damisch im Wesentlichen zwei Bildelemente: die meist zu einer insularen Form zusammengezogene Fläche und die mäandrierende Linie. Flächen- und Linienelemente werden gewöhnlich in größerer Zahl und ornamentaler Ordnung mehr oder weniger gleichmäßig über das Bildfeld verteilt, isoliert oder zu größeren Figuren aneinander gehängt, deckend auf einen sich differenzierten Grund gesetzt. Dadurch, dass Damisch die Überlagerung von Bildschichten mit der Entzerrung des bildlichen Inventars verbindet, erreicht er für seine neuen Bilder eine Kompaktheit, die derjenigen der älteren entspricht, und kann dennoch seinem Hang zu geordneten und analytisch nachvollziehbaren Verhältnissen nachkommen. Gleichzeitig nimmt er eine eigenartige Interpretation der einzelnen Farbpartikel seiner früheren Bilder vor: In dichter Reihung besetzt er die Konturen von Farbflecken ebenso wie die das Bildfeld durchziehenden Lineaturen und sogar gestische Markierungen oder die Spuren herabgelaufener Farbe regelmäßig und nach außen weisend mit miniaturisierten Zapfen, durch die er die verschiedenen Bildebenen einerseits miteinander "vernäht", und die andererseits als Menschen gelesen werden können. Ein bedeutender Unterschied zwischen den Bildern der achtziger und neunziger Jahre ist der Unterschied zwischen Bildlichkeit und Schriftlichkeit - Damischs Bilder sind nicht figurativ, sondern skriptural. Sie verbinden die umfassende Ansicht des malerischen Feldes mit der Lesbarkeit von bildlichen Chiffren, die ihrerseits den Feldcharakter des Bildes (seine abstrakte Seite), reduziert auf den Kontext einer Schrift. Sobald die Lesbarkeit einmal festgestellt ist, werden alle Elemente des Bildes zu Gegenständen einer potentiellen Lektüre."
(Ulrich Loock, Das Zeitgenössische in heutiger Malerei, Katalog China retour, Mumok, Wien 2005).

Gunter Damisch gilt heute aufgrund seines unverwechselbaren, überzeugend und konsequent formulierten Farben- und Formenrepertoires unumstritten zu den international bedeutendsten Vertretern österreichischer Gegenwartskunst.

Leiko Ikemura

Plastik, Malerei und Zeichnung entsteht in Leiko Ikemuras Arbeit nicht isoliert voneinander, sondern vervollständigt und beeinflusst sich gegenseitig. Allen Medien gemeinsam ist die Erforschung existenzieller Gegebenheiten und die rätselhaften Entstehungs- und Veränderungsmomente der Natur, für die sie die Künstlerin in Anspruch nimmt.

Die Arbeiten Ocean Girls und Ducks, Girls, Blue weisen Charakteristika auf, die für Leiko Ikemuras Malerei in den letzten Jahren typisch sind: Die Darstellung von Figurengruppen und die Abbildung von Mädchengestalten in der Grauzone zwischen Kindwesen und Adoleszenz. Die Figurengruppen stellen eigentlich keine Gruppe dar, da sie sich aus einem Einzigen heraus formulieren. Die Figurensäule einerseits und die verdoppelte horizontale Linie andererseits weist auf eine komplexere Räumlichkeit hin, die trotzdem bodenlos ist. Mädchen ist somit an und für sich als Schwellenzustand begriffen, was durch den transpersonalen Charakter der Gestalten betont wird. Die archaisch, aber auch modern anmutenden Wesen befinden sich am Meer, das sowohl den Ursprung des Lebens als auch den Grund dieser Figurationen darstellt. Vergleich man diese Arbeiten Ikemuras mit den eher gedrungenen, rundlichen und tierähnlichen Schlafenden und Liegenden der zweiten Hälfte der neunziger Jahre, zeigt sich jetzt zum einen ein Wachstumsstadium mit verlängerten Gliedern und geschlechtlichen Merkmalen, zum anderen ein komplexerer Bildaufbau. Im übertragenen Sinne bildet der Schwellenzustand der Mädchen also eine neue Phase in der Arbeit Leiko Ikemuras ab. Wie die Titel nahe legen, befinden sich die Figuren in einem maritimen Setting. Die feinmalerisch aufgetragenen, zarten Farbverläufe des abstrakt anmutenden Bildes Flood reihen sich hier assoziativ ein.

Die Zeichnungen der Serie Wellenwindwesen zeigen naturähnliche Ereignisse, deren Figurationen knapp das Erzählerische unterlaufen. Sie entstehen auf mehreren Transparentpapieren, deren übereinander gelagerte Schichten einen besonderen Raum und eine besondere Bewegtheit ermöglichen. Dieser Aufbau erinnert an den Herstellungsprozess von Zeichentrickfilmen. In dem durch die mehreren Lagen angedeuteten Raum erscheinen Figurenkonstellationen, die mitten aus einer rätselhaften Geschichte entrissen scheinen. Die cinematographische Assoziation wird jedoch von Bild zu Bild unterbrochen, da sich keine narrative Szenenfolge erkennen lässt. Aus stetigen Variationen und Mutationen einiger Bildzeichen bilden sich Bruchstücke von Geschichten. Die immanente Kraft der Naturelemente erscheint dabei als Motivation für die Entstehung von Ikemuras Figuration.

Auch in der Plastik zeigt sich wie in den anderen Medien, mit denen Leiko Ikemura arbeitet, ein neu erwachtes Interesse an der Darstellung von Momenten der Bewegung. Die hybride Wesensformation Figura Li scheint gleichsam von ihrem Sockel fliehen zu wollen, und ist doch in einer einzigen schwunghaften Geste mit ihr verwachsen.

Gunter Damisch *1958, lebt in Wien und Freydegg. 1978-83 Akademie der Bildenden Künste, Wien (Prof. Max Melcher und Prof. Arnulf Rainer). Preise u.a.: Römerquelle Kunstpreis (1983), Otto Mauer Preis und Max Weiler Preis (1985), Anton Faistauer Preis (1990), Preis der Stadt Wien (1995), Oberösterreichischer Landespreis für Kunst (1998). Seit 1992 Professor an die Akademie der Bildenden Künste, Wien, Meisterklasse für Graphik.

Seit 1981 ist Gunter Damisch bei allen bedeutenden Ausstellungen zur neuen österreichischen Malerei vertreten, so 1986 bei der richtungweisenden Ausstellung Hacken im Eis (mit Herbert Brandl, Josef Danner, Hubert Scheibl und Otto Zitko), Kunsthalle Bern und Museum des 20. Jahrhunderts, Wien, zuletzt 2005 bei Neue Abstrakte Malerei aus Österreich in den wichtigsten chinesischen Museen in Shanghai, Peking, Shaanxi, Guangzhou und im Mumok China retour. Erwin Bohatsch, Herbert Brandl, Gunter Damisch, Hubert Scheibl, Walter Vopava, Otto Zitko. Seit 1981 zahlreiche internationale Einzelausstellungen.

Leiko Ikemura *1951 in Tsu/Mie, Japan, lebt in Berlin und Köln. 1970-72 Studium an der staatlichen Universität in Osaka, 1973-78 Studium der Kunsthochschule in Granada. Seit 1991 Professor an der Hochschule der Künste Berlin. Seit 1983 zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen und internationale Einzelausstellungen in Museen und Galerien, u.a. 1987 Museum für Gegenwartskunst, Basel, 1988 und 2001 Musée Cantonal de Beaux Arts, Lausanne, 2002 Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, 2005 Ulmer Museum, 2006 The Vangi Sculpture Garden Museum, Mishima/Japan.