Katharina Grosse gehört zu einer jungen Künstlergeneration,
für die das Malen wieder ein ganz selbstverständliches
Metier darstellt. "Wenn ich male, ist alles sehr sinnlich,
sehr direkt, sehr körperlich." (Stern Nr. 40, 28.9.2000).
Ihre Teilnahme an der 11. Biennale in Sydney (1998), die Nominierung
zum Preis der Nationalgalerie für junge Kunst (Hamburger Bahnhof
Berlin 2000) und die kommende Biennale in Sao Paulo, bei der sie
im Rahmen der Berlin-Ausstellung vertreten ist, belegen den internationalen
Erfolg dieser Künstlerin. In unserer Ausstellung zeigt sie
Acrylbilder auf Aluminium, Leinwand und Papier sowie raumbezogene
Arbeiten, die sie mit Farbsprayer direkt auf die Wand aufträgt.
Wir zitieren auszugsweise einen Text von Armin Zweite, Direktor
der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, der präzise
und anschaulich die Haltung von Katharina Grosse reflektiert:
Es ließe sich vieles über das sehr eigene Kolorit der
Malerin sagen, ihre Bevorzugung ungewöhnlicher Abtönungen,
ihre Vorliebe für riskante, eigentlich unmögliche
Verbindungen, die enorme Sicherheit, mit der sie die gegensätzlichen
Farben ausponderiert, ihre Ausdehnung im Verhältnis zu anderen
Tönen definiert, die Farben einer vertikalen bzw. einer horizontalen
Struktur zuordnet usw. ... Malerei ist für Katharina Grosse
ganz wesentlich auch ein räumliches Ereignis, ganz gleich,
welchen Träger sie für ihre Farben und das Ritual des
Auftrags bevorzugt. Es sind bezeichnenderweise bei ihren großen
Rauminstallationen in der Regel Eingriffe, die die Struktur der
vorgegebenen Wände, Ecken, Kabinette, Hallen, Flure, Treppenhäuser
usw. konterkarieren, indem beispielsweise Papierbahnen frei von
den Wänden hängen, sich partiell überdecken oder
Schlitze frei lassen, oder aber die Farbabsätze nicht mit den
Raumkanten zusammenfallen. ... Durch solche, sehr eigene Strategien
nistet sich bei Grosse in den realen, gebauten Raum ein Farbraum
eigener Gesetzmäßigkeit ein, so daß die Wahrnehmung
buchstäblich gesplittet wird. Die psychologische Wirkung der
Farbhaut behauptet sich gegenüber der physischen Wirkung der
auf Funktionen ausgerichteten Architektur. Das führt zu spannenden
Klängen, zu verblüffenden Kombinationen und zu herben
Konfrontationen. ...
Jüngste Versuche, die Farbe unmittelbar auf die Wände
zu sprühen, signalisieren die Richtung und entsprechen den
Vorstellungen der Malerin offenbar augenblicklich am ehesten. ...
Wir haben zu registrieren, wie die Pinsel länger, die Bewegungen
ausgreifender und zugleich alle taktilen Momente mehr und mehr zurückgenommen
wurden. Vielleicht geht es bei diesem Reduktionsprozeß u.a.
um den Beweis, daß auch in der Malerei die Entstehung der
künstlerischen Vorstellungswelt nicht unmittelbar an den physischen
Akt gebunden ist, sondern selbst in der Sublimationsform des Sprayens
manifest wird. Letztlich ist es eine demiurgische Metapher, die
sich in diesem Prozeß manifestiert: Den Bildern wird das farbige
Leben buchstäblich eingehaucht. Am Horizont solcher Recherche
könnte letztlich die Negation des Bildbegriffs liegen: Lösung
der Farbe vom Träger und Unterminierung des Anspruchs auf Dauer,
d.h. Propagierung des Ephemeren. Nichts scheint verstellt, alle
Horizonte sind offen. ...
(Farbe, Form, Format 12 Stichworte zu Katharina Grosse,
Kat. Kunsthalle Nürnberg 1998)
Geboren 1961 in Freiburg/Breisgau, lebt und arbeitet in Düsseldorf
und Berlin. 199798 Gastdozentin an der Hochschule der Bildenden
Künste Karlsruhe, 1999 Artist in Residence, Chinati Foundation,
Marfa, Texas, 19992000 Gastdozentin an der Hochschule für
Künste Bremen, seit Oktober 2000 Professur an der Kunsthochschule
Berlin-Weissensee.
Ausstellungen (Auswahl): 1994 Altes Kunstmuseum, Bonn; 1996 Overbeckgesellschaft,
Lübeck; 1998 Kunstverein Heilbronn, Kunstverein Bremerhaven,
11th Biennale of Sydney, Sydney; 1999 Rheinisches Landesmuseum,
Bonn, open house, Chinati Foundation Marfa, Texas; 1999/2000 Zeitwenden,
Kunstmuseum Bonn und Museum moderner Kunst/Stiftung Ludwig Wien;
2001 Artsonje Museum, Kyongju, Korea. Sie nimmt an der Berlin-Ausstellung
anläßlichlich der kommenden Biennale in Sao Paulo teil.
|
|