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Niederösterreich-
kulturpreisträger 2011


 NÖ Dokumentationszentrum
 26.11. - 08.01.2012

Vernissage: am Freitag, den 25. November 2011, um 16:00 Uhr
Begrüßung: Dr. Leopold Kogler, Präsident Landesverband der NÖ Kunstvereine




„Gelbfeldweltwegorte“, 2006/07, Öl/Leinwand, 180 x 200 cm

Gunter Damisch:
Die Entstehung meiner Arbeiten verdankt sich einem Ablauf von Handlungen und Überlegungen, Wiederholungen, verworfenen Anfängen in Fortsetzung, dahinfließenden Bewegungen aus Ähnlichkeiten und Weitergesponnenem.

Im zeichensetzenden und Wahrnehmungen transformierenden Zeichnen in Gruppen und Serien von Blättern, dem Spachteln und Fließenlassen von Farben auf den Bildträgern , dem Zurichten von Material Materien und im Befragen nach innewohnenden Eigenschaften und Formen des Benutzen der eingesetzten Mittel in Spannung zu Gesehen- Erlebtem und Gedacht - Empfundenem wächst das bildräumliche Land mit seinen Dingen und Wesen, dem ich zupackender Helfer und verwundert - unterhaltener Beobachter- Täter bin, wenn ich tu und mache.

Das Krixikraxi, wie Max Melcher sagte, das selbstverlorene Herbeistricheln der Formen und Strukturen, die einkreisenden Geflechte und die Klänge der feinen Linien in denen Formen sichtbar werden, die Flecken, Wischer und Punkte, klein und zittrig, weitausholend und wie hingeworfen und verloren, haben mir einen gestalterischen Weg gewiesen, der mich über die Jahre entdeckte Methoden, Zugänge zu Erfahrungen und Zuständen sammeln und in einen Beziehungskreislauf bringen ließ, der durch das Zeichnen begonnen, über die Ausbreitung in die Farbräume und den Präsenzen der Formen in ihrer Materialität zuletzt immer wieder in das zeichnende Feststellen und Weiterverwandeln führt, Ausgangspunkt und Kommentar zugleich.

Die Typen und Modelle für Veränderung im Ähnlichen und die Bezüglichkeiten der Teile zueinander erklären sich mir in den Phasen des Zeichnens und bereiten die Vorstellungen vor, die dann im zugreifenden Arbeiten mit oft in Wachs geformten und auch gefundenen Teilen und Formen zusammengesetzt zu den Güssen und Skulpturen werden und gerinnen, die als Zeichen und Zeichnung in den Raum verlagert und verpflanzt das Geahnte und Herbeigedachte als Tatsächliches, Berührbares und materialisierten Klang hin- und darstellen.

Gunter Damisch


„All for your Delight III“, 2011,
Pigment - Print auf Aluminium,
Kassettenrahmen, Acrylglas, 148 x 120 cm

Robert F. Hammerstiel:
„Auf den ersten und flüchtigen Blick realisiert sich in Robert F. Hammerstiels sonnigem Weltentwurf das Glück der Menschen. In den schmucken Häusern des Lotto-Paradieses, auf dem pflegeleichten Kunstrasen nachbarschaftsfreundlicher Vorgärten mit und ohne Aufblaspool, in den bezaubernden Wohnund den traumhaften Schlafzimmern, in den ihnen vorgelagerten keimfreien Musterküchen und in den sauberen und in angemessenem Minimundus-Maßstab möblierten Kinderstuben regieren Friede und Idylle, nicht zuletzt gestützt auf jene Angebote aus Warenhäusern, Versandhauskatalogen und Shoppingmärkten, welche für die Erfüllung von dreams, that money can buy Sorge tragen.

Robert F. Hammerstiel führt uns in eine Welt, auf der der Schatten dessen liegt, was ein an Bedürfnisproduktion und Bedürfnisbefriedigung orientierter Konsumapparat unweigerlich mit sich führt: die Außerkraftsetzung der Sehnsucht, die Versagung des unerfüllten Begehrens und das Ende des Strebens nach Utopien.“

Auszug aus dem Text von August Ruhs: „Protect me from what I want“, Wien 2008

„Seit Jahren setzt sich Robert F. Hammerstiel in seinen konzeptuell entwickelten fotografischen Serien, Videoarbeiten und Rauminstallationen mit der immerwährenden Sehnsucht des Menschen nach Glück, Geborgenheit und Idylle und den damit verbundenen Wunschprojektionen auseinander. Ihn interessieren die Darstellungsmechanismen der Werbe- und Konsumgesellschaft, in der diese Sehnsüchte vorgedacht, immer wieder neu erzeugt und stereotypisiert werden und zur Schaffung künstlicher Surrogate führen wie das eigene Heim, das Haustier, die Topfpflanze...

Seine Arbeiten, die zwischen Fiktion und Realität changieren, versteht er nicht als Kritik an der Sehnsucht nach Glück, sondern als ein Hinterfragen der von der Konsumindustrie vorproduzierten Wunschvorstellungen und Identitäten.“

Petra Noll, Wien 2010


„Rock“ kinetische Skulptur, 2008,
Spinaker Seide, Edelstahl, Aluminium,
Motoren, Steuerung,
250 x 250 x 250 cm

Thomas Baumann:
Am Ende haben Thomas Baumanns Apparaturen, so subjektfern und objektiviert sie zunächst wirken mögen, mehr als vermutet mit jenen „sanften Maschinen“ zu tun, von denen William Burroughs einmal sagte: „Soft Machine, die Weiche Maschine, ist der menschliche Körper unter konstanter Belagerung durch eine riesige hungrige Masse von Parasiten, die viele Namen haben, aber nur einen Zug zeigen, hungrig zu sein, nur ein Ziel verfolgen, zu fressen.“1 Selbstverständlich inszeniert Baumann kein derartiges Bedrohungsbild, wonach einem schützenswerten Subjekt eine feindliche und kalte Umgebung gegenübersteht. Vielmehr nimmt er die maschinelle Dimension des Objektiven und Objekthaften selbst zum Ausgangspunkt, um daraus ein Quantum an Rest- Subjektivität zu destillieren. Gerade in den Überschüssen und Brüchen, die anhand regelgesteuerter Abläufe ersichtlich werden, zeichnet sich ein schwer einordenbarer subjektiver Mehrwert ab. Ein Surplus, das sich den gefräßigen Parasiten der Gegenwart behände widersetzt.

Christian Höller, Springerin / Wien 2008 1 William S. Burroughs, Soft Machine (1961). Übersetzt von Peter Behrens. Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1974, S. 159


„Ohrensessel“,
2011, ca. 90 x 130 cm

Christina Starzer:
Zur Technik der Prêtage:
Der präzise Einsatz von Material, die Schaffung heterogenster Oberflächen sowie die Verknüpfung bzw. Erweiterung verschiedener Medien sind Charakteristika meiner künstlerischen Arbeit. Ich thematisiere den Begriff der <<Nostalgie>>, verschiebe Erinnerungen und definiere sie neu.
Das „kontextuelle Experiment“ im Umgang mit Material wie beispielsweise Papier- sein spezifisches Gewicht sowie Haptik, Stärke, Textur, Oberfläche oder Dehnbarkeit sind Eigenschaften gegen die ich arbeite, die in meiner Herangehensweise Grund legende Faktoren bilden.

Mit dem Bleistift zeichne ich nicht im herkömmlichen Sinn, vielmehr ist er für mich ein Werkzeug, um Papier zu gravieren und zu dehnen. Durch manuell erzeugten Druck wird Stück für Stück Schrift und Farbe der „collageartig“ zusammen gesetzten Unterlagen abgerieben. Ich bezeichne diese Technik Prêtage – als eine Weiterentwicklung der Frottage. Prêtage impliziert die Verwendung von Vorhandenem, schnell Greifbarem wie beispielsweise die Werbezeitschrift oder ein altes Buch, Bleistift und Papier. Andererseits meint die Bezeichnung auch die Dehnung eines Materials. Rückseite wird Vorderseite, die Zeichnung ist Spiegel verkehrt- genau wie jene Textfragmente oder Buchstabenbruchstücke, die von der Unterlage abgedruckt und in das Papier eingeprägt werden.

 


„Werkzyklus Archeologia/88 Maps“
2006, 144 C-Prints, je 20 x 30 cm

Eva Brunner - Szabo:
Zwei Menschen begegnen sich in einer Fotosequenz und da ist keine gemeinsame Sprache. Diese Begegnung von Eva Brunner- Szabo mit Max Pica hat einen Grund und ist doch auch nur Zufall. Es beginnt mit einer Geschichte aus einem anderen, früheren Leben. Die Mitte der Lebensspanne hat einen Film bereitgestellt, in dem wir uns alle wieder finden könnten.

Wolfgang Sohm zum Werkzyklus Archeologia/88 Maps, 2008


Auflösung“ 2010, 8 Farbabzüge je 145 x 126 cm,
3,26 x 4,85 m, Ausstellungsansicht Camera Austria,
Jänner 2011, Foto: Steffen Strassnig

Tatiana Lecomte:
Auflösung (2010) setzt sich aus acht Farbabzügen zu je 145 mal 126 Zentimetern zusammen, die jeweils einen stark vergrößerten Ausschnitt einer existierenden Fotografie wiedergeben, die Lecomte in Abschnitten abfotografiert hat. Die Vorlage wurde dabei nicht vollständig und in exakt aufgeteilten Segmenten erfasst, sondern gleichsam mit dem „freien Auge“, was in Hinblick auf das Gesamtbild sowohl zu motivischen Verdoppelungen wie auch zu Lücken führt. Die Fotografien der einzelnen Abschnitte sind schließlich so aneinandergefügt, dass zwar der repräsentativen Logik Genüge getan ist (das Ausgangsbild bleibt als solches lesbar), durch Verschiebungen und Überlappungen jedoch kein kohärentes Ganzes entsteht. Vielmehr behaupten die einzelnen Bildteile gegenüber der Gesamtansicht ihre Präsenz; „Nahtstellen“ und Sprünge weisen Lecomtes Arbeit deutlich als Komposit aus. Betrachtet man die Abzüge aus der Nähe, so findet das „Aufbrechen“ des Bildzusammenhangs seine Fortsetzung. Die extreme Vergrößerung lässt ein Druckraster sichtbar werden, das das Ausgangsbild als Reproduktion einer Fotografie bestimmen lässt. Cyanfarbene, magentafarbene, gelbe und schwarze Rasterpunkte überziehen den Bildträger in unterschiedlicher Mischung und Dichte und bringen anstelle des Dargestellten die technischen Grundlagen der Darstellung zur Anschauung.

Manuela Ammer