„Mich interessiert die Idee von der Fragilität des Seins und der Sensation des Unstabilen“, so der baskische
Künstler Javier PÉREZ (*1968). Wenn der Betrachter über am Boden verstreute blutrote Glassplitter einem
zerbrochenen Kristallluster entgegen schreitet, den schwarze Raben - wie Aasgeier - auszuweiden scheinen,
entfaltet sich vor ihm ein Bild vergangenen Glanzes und Wohlstands, der nun, wie ein regloses Tier, zu etwas
Totem geworden ist. PÉREZ spielt mit der Transformation des Materials in neue Formen und bringt gleichsam
die Brüchigkeit und Vergänglichkeit von scheinbar fundamental geglaubten Zuständen unseres Lebens zum
Ausdruck. PÉREZs Arbeiten bewegen sich auf diesem schmalen Grat zwischen den Welten.
In den Werken unserer Ausstellung Post Natura, die sich von Zeichnungen und Fotografien über Skulpturen
bis hin zu Installationen spannt, nimmt PÉREZ Bezug auf das Leben im elementarsten Sinne, auf das Werden und
Vergehen und seine fundamentalen Stadien: Geburt, Leben und Tod. Er fügt diese zusammen, verändert sie, kehrt
sie um, indem er sie einer Metamorphose der Zeit unterzieht und ihrem Dasein verschiedene
Bedeutungsebenen auferlegt. Dabei reflektiert er über die Identität des Seins und dessen biologische
Bedingungen, wie beispielsweise die Werke „Cabeza Raíz“ oder „Trans (formaciones) II“ zeigen, in denen sich
PÉREZ an eine Symbiose von Mensch und dem Rest der Natur herantastet.
Ausgangspunkt für PÉREZ sind oft persönliche Erlebnisse. Er greift für die Arbeiten dann auf Objekte und
Materialien des alltäglichen Lebens zurück, die er transformiert um eine Reflexion unserer Sinne anzuregen. So
auch in seiner Arbeit "A 60 cm. del suelo". Zwei schwarze, ausgetragene Lederstiefel ohne Schnürsenkel, in
Bronze gegossen, sind dort auf eine große Glaskugel drapiert, als wäre die unendliche Umrundung der Welt ihr
Schicksal.
Um den wahrhaftigen Versatzstücken unserer Realität Ausdruck zu verleihen, limitiert sich PÉREZ auch räumlich
nicht. In seiner Ausstellung „Mutaciones“ realisierte PÉREZ 2004 im Palacio de Cristal des Museo Nacional Centro
de Arte Reine Sofia eindrucksvoll seine Idee der Metamorphose, die den glasbegrenzten Raum überwindet um
sich mit der Natur zu verbinden. "Rosario (memento mori)" ein 15 Meter langer Rosenkranz, dessen einzelne
Glieder aus Totenköpfen bestehen, ist eine Weiterentwicklung der Arbeit „Tempus fugit“, die Teil der Ausstellung
im Palacio de Cristal war. Anstelle eines Kruzifix sind zwei Fußfesseln an der am Boden liegenden Kette
angebracht. Dem Betrachter werden dabei unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten offen gelassen: „Meine
Kunst ist polysem und offen. Der Betrachter soll entscheiden, welche Lektüre er lesen will“.
PÉREZs Werke handeln von der Zeit, dem Leben und dem Tod, der Metamorphose, der Einheit und der
Vielschichtigkeit, der Entfaltung des Einzigartigen und dem unabweisbaren Fortschritt bis zum Ursprung. „Jedes
meiner Werke trägt die Idee von Leben und Tod, der Grausamkeit der Natur oder der Spannung von zwei
grundsätzlich unvereinbaren Gegensätzen in sich. Zwischen spirituell und fleischlich, rein und unrein, schön und
hässlich, zwischen Attraktion und Abstoßung oszillieren meine Werke, in denen ich versuche all diese
gegensätzliche Aspekte miteinander zu versöhnen.“
Wir danken für Ihr Interesse und freuen uns, Sie in der Galerie begrüßen zu dürfen,
Mario Mauroner & Team |
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