Als Sommerausstellung zeigt die Galerie Krinzinger im Juli drei Projekte, die im Zuge von Residencies entstanden
sind. Zenita Komad und Eva Schlegel erarbeiteten ihre Projekte anlässlich des CIGE International Solo Show
Projects in Peking im April 2009. Der brasilianische Künstler Jarbas Lopes war im Mai und Juni 2009 Artist in
Residence bei Krinzinger Projekte.
Zenita Komad zeigt in der Galerie Krinzinger eine Weiterentwicklung ihres in China entstandenen Projekts »When
Heaven Kisses Earth«. In Anlehnung an die 64 Weissagungen im »Buch der Wandlungen« (»I Ging«) entwickelte
Komad einen Raum, der aus drei Schlüsselelementen besteht: Chien (das Schöpferische / der Himmel ), Kun (das
Empfangende / die Erde - auf dem Boden), und Tai (Frieden - auf den Wänden). [»The walls measure 280 cm
high, and the floor 800x800cm. Each square meter is divided into 3 squares: 35x33,3, (sum of digits: 8 ?) sum
of digits: 3 ? symbolizes the triad heaven/earth/human, 64x3 192 x 3 = ( sum of digits 576 : 9 sum of digits; 9 ?
symbolizes dragon… sum of squares: walls 576 + heaven 64 + earth 64 = 704 sum of digits: 2 sum of digits: 2
? symbolizing Yin und Yang« (Zenita Komad, Roomconstruction)]. »Mrs. Yin« und »Mr. Yang« zeichneten in einer
prozessualen Performance während der gesamten Ausstellungszeit in Peking die Symbole für Tai an die Wände.
Zentrales Objekt der Installation ist eine die Geburt darstellende und Zukunft symbolisierende Skulptur.
In der Galerie Krinzinger ergibt Komads Raumkalkulation die Zahl 5 - als Quersumme des bespielten Raums
steht sie für die vollkommene Zahl des Mikrokosmos Mensch. Und Menschen sind auch die Protagonisten der
64-minütigen Performance während der Eröffnung der Ausstellung: In Intervallen werden die Akteure nach
einer Partitur atmen. Im Rhythmus werden die Protagonisten die Wandzeichnung vollenden.
Während es meditativ zu einer inneren Einkehr kommt, wird gleichzeitig ein neues Werk von Zenita
Komad zum Leben erweckt. Die Performance ist die von Komad komponierte Ouverture, diese verweist auf die
neue Oper von Zenita Komad und Bernhard Lang (»I hate Mozart«, 2006, »Montezuma«, 2009…)
In den letzten Jahren hat Zenita Komad ein Parallaluniversum geschaffen: Zenita City, das bald zu Zenita Galaxy
und in weiterer Folge zu Zenita Universe wurde - ein Kosmos der ihre Werke beinhaltet, aber ebenso ein stetig
wachsendes Netzwerk aus Bewohnern, Rezipienten, Transmittern und Kollaborateuren. »Obwohl Komad
einerseits sich mit ihren reinen Schriftbildern der alles Körperliche und Materielle ausschließenden Abstraktion
der Konzeptkunst annähert, sind andererseits die meisten Bildträger Materialisierungen des malerischen und
skulpturellen Metiers.« (Peter Gorsen, Zenita Komad, Opus IV. Selected works)
Eva Schlegel zeigt in der Galerie Krinzinger ihren in China entstandenen Zyklus »BEIJING WOMEN ARTISTS«.
Das Projekt versammelt Werk- und Studioportraits einer Auswahl unterschiedlichster Künstlerinnen aus Peking.
Die Tradition chinesischer Künstlerinnen ist genauso lange und vielseitig wie die ihrer männlichen Kollegen.
Dennoch beginnt sich ihre Situation, die Anerkennung der Künstlerinnen im eigenen Land sowie in internationalen
Galerien, erst jetzt zu einem den Frauen gebührenden Status zu wandeln.
Nach Peking eingeladen, lag Eva Schlegels Hauptinteresse bei den Künstlerinnen dieser Stadt – ihren
Arbeitsbedingungen und Möglichkeiten, ihren Ansätzen, ihrem Stil, ihren Freiheiten. Mit den Grundlagen
künstlerischer Praxis vertraut, konzentrierte sich Eva Schlegel auf die Unterschiede: auf Unterschiede zwischen
den Künstlerinnen, aber auch auf jene in Zusammenhang mit Peking, seiner urbanen und kulturellen Situation.
Eva Schlegels Portraits von acht der bedeutendsten Künstlerinnen, die in Peking leben und arbeiten, wurden auf
der CIGE 2009 gezeigt und erhielten dort sehr viel Aufmerksamkeit von der chinesischen Kunstszene. Denn obwohl
es sich bei den portraitierten Frauen um bekannte Persönlichkeiten handelt, wurde der Fokus auf Künstlerinnen
als etwas Außergewöhnliches wahrgenommen.
In Wien sind diese Portraits nun in der Galerie Krinzinger zu sehen. Eva Schlegel stellt sie hier in einen erweiterten
Kontext - neben Fotografien sind Texte und Bücher ausgestellt, die ein vielseitiges und dichtes Bild der Künstlerinnen
im Rahmen einer sich schnell wandelnden Gesellschaft zeigen.
Schlegels Konzept, die Analyse einer Situation in Relation zu künstlerischem Schaffen zu stellen, ist das Resultat
einer Recherche-Arbeit zu unterschiedlichen Herangehensweisen an Künstlerportraits, die die Künstlerin an der
Ghetty Foundation in Los Angeles durchgeführt hat. So leben solche Porträts zwar vom speziellen Blick des
Photographen auf seine Künstlerkollegen (etwa Brassaïs »Künstler meines Lebens« oder die Werke Alexander
Libermanns), die Anzahl der portraitierten Frauen in diesen Büchern ist jedoch gering.
Mit dem Buch »L.A. WOMEN« machte sich Eva Schlegel daran, dieses Ungleichgewicht zu ändern. Sie
recherchierte, führte Gespräche und fotografierte vor Ort in den Ateliers und Arbeitsräumen von Künstlerinnen
in Los Angeles. Wo »L.A. WOMEN« einen persönlichen Blick auf ein wenig bekanntes, für das Verständnis
zeitgenössischer Kulturproduktion jedoch ungemein wichtiges Milieu wirft, führt »BEIJING WOMEN ARTISTS«
diesen Ansatz weiter und eröffnet neue Perspektiven auf den chinesischen Kunstraum.
Jarbas Lopes ist einer der international erfolgreichsten brasilianischen Künstler. Er wurde bekannt durch seine Re-
Kontextualisierungen einfacher Materialien in transportablen Arbeiten und flexiblen Strukturen, die darauf ausgelegt
sind Momente der Geselligkeit zu erzeugen und dabei Konzepte gemeinsamer Benutzung, der Partizipation und
sozialem Bewußtsein vermengen. Seine Objekte sind mehr Katalysatoren als passiv-ästhetische Illustrationen
von Ideen. Er verhandelt soziale Utopien, baut auf auf den produktiven Korporativismus der ersten russischen
Avantgarde Bewegungen, die Ethik von Beuys sozialer Skulptur wie auch die Vermischung von High und Low
Culture bei Hélio Oiticica. Lopes arbeitet in den unterschiedlichsten Medien - jenen die am besten ihren jeweiligen
Zweck erfüllen, darunter Installationen und Zeichnung, Performance, Video, Musik und Poesie.
Seine Residency in Wien nutzte Lopes für eine Erweiterung seines Cicloviaérea-Projekts: »Cicloviaérea is a project
I have been developing since 2001, based on the idea of an aerial road for bicycles only. Its main idea is »a
suspended line which slopes gently downwards, creating a forward momentum all along its length. It facilitates
long distance cycling in the context of daily urban circulation. It is a futuristic construction for the present: we
don’t have to wait for its construction to realize what a great invention the bicycle is, both useful and enjoyable.
I go there and back.« Cicloviaérea consists of actions, associations and aesthetic representations that have its
inspiration in the use of bicycle for fun and also for utility. The purpose of this project is to talk about using the bike
as a technology connected with the body, 50% human, 50% machine, referring to and practicing two important
issues nowadays: Sustainability and Mobility, ways to reach a balance between mediums, turning effort into
pleasure.« Nach einigen Vorbereitungen in Wien machte Lopes sich mit einem Fahrrad und Equipment auf den
Weg nach Budapest, auf der Suche nach dem Weg als Ziel, der Performance als kurze Rast zwischendurch,
persönlichen Erlebnissen als Surplus. In der Galerie Krinzinger zeigt er nun das Ergebnis dieser zweiwöchigen
Reise - in Form des Fortbewegungsmittels und den Überbleibseln des verbrauchten Kraftstoffs. Er stellt den
Körper in den Mittelpunkt, als Schlüssel zwischen Raum und Zeit, als Maschine die uns beim Wesentlichen hält. |
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