Die KünstlerInnen Eva Schlegel
und Annelies Strba sind bei der Vernissage anwesend.
Eva Schlegel
Eva Schlegel beschäftigt sich seit einiger Zeit mit Unschärfe
in der Fotografie. Sie untersuchte sowohl Textstrukturen wie
auch Landschaftsbilder auf wahrnehmbare räumliche Ausdehnung
in der Unschärfe. Selbst bei transparenter Überlagerung
beider Sujets wurde erkennbar, dass unscharfer Text immer zweidimensional
bleibt, während sich Landschaften oder
auch Personen im Raum aufzulösen scheinen und so auch über
Tiefe und dreidimensionalen Raum verf ügen.
In einer weiteren Werkgruppe wird das Medium Portrait
bearbeitet, private Fotos von Kuratorinnen, Sammlerinnen und
Künstlerinnen, die sich über einen Zeitraum von 20 Jahren
ansammelten wurden unscharf abfotografiert, die Gesichter
von direkt erkennbaren Gesten und Mimik durch verschiedene Grade
von Unschärfe befreit, um zu untersuchen, ob man
(immer noch) von Portrait sprechen kann, ob es eine individuelle
Unverwechselbarkeit gibt. In den neueren Arbeiten geht
es um idealisierte mediale Bilder von Frauen in unserer Gesellschaft,
verschiedenster Ausprägung, überlebensgroß und
in der Unschärfe auf Stereotypen reduziert, denen man sich schwer
entziehen kann, da die Verführung der Präsentation
des K örpers
erhalten bleibt. Annelies Strba
"Eigentlich mache ich nichts anderes als schauen"
Intermediale Bildstrategie und foto-digitale Wirklichkeit im Werk
von Annelies Strba
von Susanne Schrödter, 19. Juli 2004
Zahlreiche Interpretationen der Fotokünstlerin und Videastin
Annelies Strba stützen sich auf ihre Biografie1. Die hier ausgeführten
Gedanken versuchen nun, die Rezeption von Strbas Werken in eine
etwas andere Richtung zu lenken: Nicht ihr
Leben, sondern ihre Bilder und die Frage nach der Interaktion zwischen
Bild und Medium sowie zwischen dem Blick der
Künstlerin und dem eigenen Sehen gilt es im Sinne eines anthropologischen
Bildverst ändnisses2
zu reflektieren.
Wer Strba kennt, weiss, dass es in ihren Bildern der
letzten 25 Jahren um ganz per-sönliche Äusserungen und
Wahrnehmungen geht - vielleicht eine Art Lebensbe-wältigung durch
Bilder. Wir betrachten Strbas Bilder und verstehen,
ohne dass wir das Leben der Künstlerin kennen. Wir schauen fasziniert
in die von der Künstlerin gesehene und ins Bild dabei automatisch
mit ihrem Blick. Zwischen der Bildwelt der Künstlerin
und unserer eige-nen Wirklichkeit scheint es keine Unterschiede
mehr zu geben. "Die Fotografie gibt den Blick wieder,
den wir auf die Welt werfen ",
sagt Hans Belting.
Es ist diese Suggestivwirkung der Fotografie, die uns
die Spannnung zwischen der eigenen und der von Strba erzeugten
Wirklichkeit im Bild bewusst macht. In Strbas Bildern beginnen
wir zu sehen, jedoch bisweilen ohne genau zu wissen,
was wir sehen: Ist es das Eigene? Ist es die foto-digitale Wirklichkeit
der Künstlerin? Oder ist es beides - gleichsam das
Eigene und das Fremde?
Man hat Strba als "Hellseherin" (Simon Maurer) oder
als "Virtuosin
des magischen Augenblicks" (Ralf Bartholomäus)
bezeichnet. Tatsächlich bleiben die Bilder von Annlies Strba "hängen",
gehen durch unser Betrachterauge hindurch und
fliessen gleichsam in uns hinein. Hier können sie nun wirken
- diese Kunstbilder. Strba nä-herte sich in den letzten Jahren
einer malerischen Bildsprache. Durch Unschärfe und Abstraktion
der Motive, durch Farben und strenge
Bildkompositionen, die uns an vergangene Epochen erinnern, scheint
sie am Bildged ächtnis
der Kunstge-schichte weiterzuarbeiten.
Damit hat sich die einstige Fotografin und heutige
Vi-deastin einer intermedialen Bildstrategie zwischen
Malerei, Fotografie und Video bemächtigt. Doch, was wären
all diese Bilder und Strategien ohne das "Ichmässi-ge"
der
Künstlerin? Erst die subjektiv-ästhetische Transformation
des Geschauten machen die Bilder von Strba überhaupt
zugänglich - und dies im Sinne einer künstlerischen Auseinandersetzung.
Strbas Kunst wirkt vielleicht deshalb so magisch,
weil sie die den Blick des Betrachters verändert. In ihren Bildern
führt sie nicht ihr Leben, sondern ihre künstlerische
Wirklichkeit vor.
1 zuletzt Simon Maurer, Annelies Strbas hellseherische
Kunst, in: Nyima, Ausstel-lungskatalog Helmhaus Zürich, 6. Juni bis 27.
Juli 2003.
2 Hans Belting, Bild-Anthropologie, M ünchen 2001. |