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Thomas Palme

Rising Spinett


  GALERIE KONZETT
Wien
 30.04. - 12.06.2010

 

Vernissage: am Donnerstag, den 29. April 2010, um 19:00 Uhr
Mit einführenden Worten von Karin Pernegger, Kuratorin Kunsthalle Krems.
Der Künstler ist bei der Eröffnung anwesend.



"leider habe ich phasen, in denen ich fast nicht schlafen kann. ich höre dann die ganze nacht musik, und trinke zur beruhigung auch viel alkohol. einmal machte ich nach einer schlaflosen nacht mit meiner freundin eine bergtour auf den 2600m hohen krottenkopf. nicht weit vom gipfel hatte ich eine gewaltige halluzination. ich hörte ganz laut musik von händel und sah hinter dem gipfel ein riesiges spinett in den himmel emporsteigen. deswegen heißt die ausstellung "RISING SPINETT". das spinett wird man sehen. es ist eine ausstellung über schlaflosigkeit und musik."

Mit einer großen Soloshow präsentiert KONZETT nun bereits zum zweiten Mal den Deutschen Künstler Thomas Palme. Aktuellste Zeichnungen, die während seines Artist in Residence-Aufenthalts in Krems von Januar bis April 2010 entstanden, sowie die installative Arbeit RISING SPINETT, die eigens für die Räumlichkeiten der Galerie geschaffen wurde, entführen den Besucher in das Schattenreich des Künstlers. Thomas Palme ist nachtaktiv. Findet er wieder einmal keinen Schlaf, stellt er sich mit seinen Graphitstiften den Göttern und Dämonen, überzeichnet die  Welt, ekstatisch, wild, bisweilen
(selbst-)zerstörerisch. Als „entgrenztes Experiment“ wurde sein Schaffen einmal treffend bezeichnet. Manisch, geradezu obsessiv ist seine beidhändige Produktionsweise, die mehrere tausend Zeichnungen im Jahr hervorbringt. Grenzüberschreitend ist sein Werk auch was die verschiedenen Genres betrifft – Palme zeichnet nicht nur, er fotografiert und dichtet, ist Performance- und Videokünstler. Und: Thomas Palme ist Übertreibungskünstler: mal expressiv-chaotisch, mal von präziser Linienführung sind seine Zeichnungen ­– immer aber gut angespitzt.

Es sind die dunklen Seiten menschlicher Existenz, die Abgründe, Abseiten und Ängste, Begierden und Leidenschaften, die Palme skizziert. Wie im Hieronymus Boschen Kaleidoskop der sieben Todsünden zeigt Palme Wollust, Eitelkeit und Selbstsucht, Feigheit und Ignoranz. Seine Darstellungen sind fratzenhaft verzerrt und gerade dadurch bloßstellend. Morbide wirken die Gestalten, schwindsüchtig: Sein weibliches Personal erinnert an Absinthtrinkerinnen des Fin de Siècle, an Félicien Rops und Schiele. Antiklerikal und erotisch-pornografisch aufgeladen provozieren sie. Andere Szenerien wirken wie phantastische Traumvisionen. Es ist der ganz normale Wahnsinn, der im Palmschen Welttheater zur Aufführung gelangt, die Lächerlichkeit und Absurdität menschlicher Bestrebungen ebenso, wie großer Schmerz, Einsamkeit und Tod, der in Memento Mori-Motiven das Werk durchzieht.

Sprachliche Versatzstücke wie Kommentare, Bildtitel oder Zitate rekurrieren auf Mythologie oder Geschichte. Staatsmänner haben ihren Auftritt, Philosophen und Spießbürger. Oder, wie auch in der Ausstellung: Komponisten. Als hybrides Wesen zwischen Mensch und See-Elefant präsentiert sich Maurice Ravel, Richard Strauss als Orang-Utan, beide in repräsentativer Portraitmanier, stattliche Männer, wie man so sagt, in Gänze konterkariert durch ihr animalisches Antlitz. Robert Schumann mit stieren Augen und Tudorlippen scheint vom Wahnsinn besetzt, Meister Anton Bruckner, von dem Mahler sagte, er sei „halb ein Gott, halb ein Trottel“ zeigt sich häuslich in Schlafmütze und Beethoven wachsen Kreuze aus dem Schädel wie diabolische Hörner. Sie alle versammeln sich in der Ausstellung um eine von Bernhard Mägdefrau ausgeführte Holzskulptur, ein riesenhaftes Spinett, das im Raum schwebt und von seinen Tasten umtanzt einen surrealen Anblick bietet. Ursprünglich barockes Hausinstrument, auf dem zum Menuett aufgespielt wurde, fordert das Cembalo nun den Betrachter auf – zum Gesellschaftstanz, Kammerspiel und Mitmach-Theater gleichermaßen.

Thomas Palme wurde 1967 in Immenstadt im Allgäu geboren. Nach abgebrochenem Kontrabassstudium, sowie abgebrochener Lehre als Glaser, studierte er Kunst an der Kunstakademie München (Klasse Hans Baschang), Wien (Klasse Arnulf Rainer) und Düsseldorf (Klasse Tony Cragg und Michael Buthe), wo er sein Kunststudium mit Meisterschülerdiplom abschloss. Neben anderen Auszeichnungen wurde Thomas Palme 2006 das New Talents-Förderprogramm der Art Cologne zuteil; von Januar bis April 2010 war er Artist in Residence in der Factory der Kunsthalle Krems. International nachgefragt waren 2010 bisher bereits Kopenhagen, München, New York und Straßburg Stationen seiner Soloausstellungen. Thomas Palme lebt und arbeitet in Immenstadt im Allgäu.

Website des Künstlers: www.palmepalme.de

Parallel zu sehen:
ROTTEN HOME. EINEN BESSEREN KÜNSTLER HABT IHR NICHT VERDIENT,
2. Mai – 4. Juli 2010, Factory / Kunsthalle Krems, Steiner Landstraße 3, 3500 Krems
GRÜSS GOTT, Performance, VIENNAFAIR, Stand Lower Austria Contemporary, 5. Mai 2010, 17 Uhr
ROTTEN HOME, Performance, donaufestival, Halle 2, Utzstr. 12, 3500 Krems, 6. Mai 2010, 21:30 Uhr