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Patrick Schmierer und Tomek Baran

Spielraum

  KNOLL GALERIE
 08.11. - 02.02.2013

 

Vernissage: am Mittwoch, dem 07. November 2012, um 19:00 Uhr  


 

Die Ausstellung Spielraum zeigt die neuen Werke von Tomek Baran und Patrick Schmierer, die in ihrem künstlerischen Schaffen das Feld der abstrakten Malerei immer wieder aufs Neue überprüfen und die Grenzen des Bildes redefinieren.
Baran arbeitet oft mit gewöhnlichen, man kann sogar sagen klassischen Mitteln, sowohl was das Format (Rechteck, Kreis) betrifft, als auch die Technik (Öl auf Leinwand, Öl auf Holz) und Arbeitsweise. Als Pendant dazu findet sich all das, was auf und in der Bildfläche passiert. Die Einheitlichkeit und Zurückhaltung des Bildes erweist sich bei Baran jedoch als trügerisch, sobald man beispielsweise ein Glitzern bemerkt, oder die Malschicht so aufgetragen ist, als ob das Bild ein- und ausatmet. Oder wenn die variable Pinselschrift vom Betrachter Bewegung fordert, um so die Monochromie des Bildes zu brechen. Das Erfahren von Objekten ist im Fall von Baran überhaupt nicht so wie Jean-François Lyotard es formulierte, durch einen einzigen Sinn, den des Sehens besetzt. Vielmehr wird der raumübergreifende Körper angesprochen. Die Körper-Bild Beziehung erscheint in seiner Malerei auf verschiedenen Ebenen, obwohl auf den ersten Blick das Auge verführt werden soll. Der Betrachter ist aufgefordert sich in den gesamten Akt der Bildwerdung hineinzuversetzen. Zerknittern, falten, verkleben, mit Farbe übergießen - all diese teils mit Gewalt unterfütterten Prozesse führen Baran zu seinen Werken, die wie Komplizen agieren. Der Betrachter ist im Bild, sagte schon vor einigen Jahren Wolfgang Kemp. Bezugnehmend auf die Werke Barans kann man dem nicht wiedersprechen, denn hier ist der Betrachter tatsächlich da, manchmal - so wie im Fall von „Diptychon mit Spiegel“, kann man diese Aussage sogar wörtlich nehmen.

Patrick Schmierer führt in seinen neuen Arbeiten die Auseinandersetzung mit Farbe, Materialität und die Hinterfragung des Bild - Objekt Status konsequent fort. Die Serie mit Farblinienverläufen ist von Holz auf Leinwand umgezogen und betont dadurch geschickt den Gegensatz zwischen der stofflichen Qualität der Leinwand und der kühlen Textur des Lacks. Dezent herablassend scheinen die kühnen Linien der schnöden, in die Jahre gekommenen Leinwand neues Leben einzuhauchen, was nebenbei auch dem etwas fahlen Teint des Hintergrunds zu Gute kommt. Der Basis des klassischen Tafelbildes, dem netten korrekten Rechteck, hat Schmierer vorsorglich ‚a gsunde Watschn’ verpasst, die bequeme 90° Starre führt auf Dauer zu Verspannungen. Die asteroids Serie erscheint ebenso in neuem Kleid: Die Balsaholzfläche hat er akribisch mit einer Werbefolie überzogen, die angesichts der fast unerträglichen Perfektion an den Ecken zu rebellieren beginnt und sich in den umgebenden Raum flüchtet. Die glatte Oberfläche der abstrakten Komposition ist weiters von einem Lack befallen, der sich tief in das ominöse Innere des Bildes frisst. Was dort wohl zu finden ist? Mit Witz und einem Hauch Sarkasmus widmet sich Schmierer bildimmanenten Fragen der Malerei, wobei das Bild durch seinen erweiterten Raumbezug stets mit dem Objekt kokettiert.

Trotz der experimentellen Herangehensweise vor allem in Bezug auf Material, ist in den Werken beider Künstler viel von den traditionellen Mechanismen der Malerei zu finden wie Licht, Farbe, Fläche und Gestus. Verschiedene Techniken, Materialien, Strukturen und Prozesse erweitern den Bildraum zum Betrachterraum und kratzen an den Parameter des klassischen Tafelbildes aus unterschiedlichen Perspektiven. Wie Sven Drühl richtig konstatiert, ist das Neue an der aktuellen Abstraktion ihre inhaltliche Ungebundenheit und die überwältigende ästhetische Bandbreite. Ein Spielraum der noch lange nicht ausgeschöpft ist.