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Kevin A. Rausch

I will not stay in paradise

GALERIE GERERSDORFER
 19.9. - 12.10.2013

Vernissage: Donnerstag, 19. September, 19 Uhr
Kevin A. Rausch ist anwesend
Zur Eröffnung spricht Mag. Florian Steininger
Kurator Bank Austria Kunstforum
 


BIld Bild

 

Kevin A. Rausch – Lonely Wolf

„Vielleicht gehe ich immer vom Dreck aus.“ Kevin A. Rauschs Bilder sind stets Sedimentationen von Materialität und intensiven prozessualem Einsatz. Die Leinwand bleibt trotz all ihrer Transparenz und verführerischen Tiefe hin zum Landschaftsraum primär ein Feld der Spuren. Unmittelbar und mit verstärktem körperlichen Einsatz geht der Maler ans Werk, lässt der Farbe freien Lauf, besudelt den Bildträger, befleckt das helle Weiß des Gewebes. Das Bildfenster verwandelt sich in eine pastos schmierige Oberfläche.

Schon Rembrandt und Courbet setzten die Farbe als materielle Substanz ein, dick aufgetragen mit der Kelle, sodass aus „Unachtsamkeit“ Tropf- und Schmierspuren stehen gelassen wurden, ohne sie im Sinne der Naturaneignung zu säubern. Als schmutzige unkultivierte „Schmierer“ wurden sie von ihren Kritikern verhöhnt, die das hehre Gemälde befleckten. Diese Sudeleien zeigten sich jedoch als radikaler Beitrag der vormodernen Malerei im Sinne von Prozessualität und Autonomisierung der malerischen Mittel. Rausch spannt meist die Leinwand auf den Keilrahmen am Atelierboden auf wodurch sich die ersten Spuren ohne eigentliche künstlerische Handschrift ablagern.

Der Maler hatte unlängst Neapel besucht, eine Stadt, die so gar nicht italienisch pittoresk erscheint. Sie ist Kairo in ihrer Schroffheit und Schmutzigkeit näher als Rom oder gar dem „Freilichtmuseum“ Florenz. 2005 sind während seines Artist in Residence-Aufenthalts in Kairo großformatige Papierarbeiten entstanden, die diese Grobheit und schöne Schmutzigkeit ausstrahlen. Es ist ein Malen und Zeichnen „gegen das Klientel“, gegen den generellen Geschmack am Kunstmarkt, wo Image, Figur und Primärfarben großgeschrieben werden. Bei Rausch dominiert das Brüchige, Obskure und Schwarze. Sein direkter Strich verdichtet sich zu dornigem Buschwerk und Stacheldrähten, zu kratzig Widerständigem, scharf Verletzlichem, in das sich unser Blick verhakt. Langgezogene Linien mutieren zu kreischenden Kratzern und Furchen.

In der Folge hat jedoch ein merklicher Hang zum Lyrischen und Sanften Einzug gehalten. Farbe fungiert nun mehr als Mittel um atmosphärischen Raum zu entwickeln, malerische Pinselstriche legen sich transparent übereinander, wie das Flackern des Lichtes mit leichtem Seegang. Nebelverhangene Gebirgszüge säumen die Gewässer; an den Rändern des Bildvordergrundes pflanzliche Wucherungen, ohne dem Diktum des reinen Abbildens zu verfallen. Die Malerei um ihrer Selbst willen, ihre unmittelbare Kraft und Rohheit stehen stets im Zentrum, wenn auch in Verbindung mit der Natur. Dabei trifft Rausch auf ein großes kunsthistorisches Terrain der „malerischen“ Landschaftsmaler von William Turner, Gustave Courbet über Claude Monet, Joan Mitchell, Per Kirkeby, Anselm Kiefer bis zu aktuellen Proponenten wie Peter Doig, Herbert Brandl und Cecily Brown. Romantische Melancholie schleicht sich ein, wenn Rausch eine zierliche Figur als Vertreter des Betrachters an den unteren Bildrand einer weiten düsteren Landschaft postiert – ein C.D. Friedrich-Zitat des Mönchs am Meer.

Nur bricht der österreichische Künstler die Allmacht des Naturraums durch die inhomogene Struktur des Bildes, die zwischen atmender Räumlichkeit und wandanstrichähnlicher Flächigkeit changiert. Collagehaft zersplittert Rausch das mehrteilige Werk, bildet Zonen aus Grafischem und flächig Gedecktem. In einer Ecke des Atelierraums im 15. Bezirk versammeln sich unterlebensgroße Figuren, die aus den Bildern entsprungen sind. Ihre Haut, ihr Gewand wurde ebenso zeichnerisch und malerisch behandelt wie die Leinwand. Groteske Kreaturen von anderen Orten kommend, Reisende, die von der Ferne erzählen. Rausch erschafft Bildwelten, jenseits des Urbanen, es sind imaginäre schwarzromantische Landschaften, in denen er als Lonely Wolf seine malerisch-zeichnerische Fährte aufnimmt.

Florian Steininger